
Linkin Park - One more light
WarnerVÖ: 19.05.2017
The taste of the money
"Die Manifestation des Kapitalismus in unserem Leben ist die Traurigkeit", chiffrierten Ja, Panik vor einigen Jahren per Albumtitel, aber da waren ihnen Linkin Park wohl gerade entfallen. Nach der Jahrtausendwende war das Sextett gerade zur richtigen Zeit aufgetaucht, um den New-Metal-Trend mitzunehmen und auf die Linie des gemeinsamen Nenners zu bringen. Das Debüt "Hybrid theory" hält sich dabei über die Jahre konstant frisch, was man nicht von allen folgenden Werken behaupten kann. Hauptsache, der Rubel rollte. Remix- und Live-Alben, das grauenhafte Mashup-Verbrechen "Collision course" mit Jay-Z oder ebenso unnütze wie zahlreiche Compilations ihrer "Underground"-Reihe – den Fans wurde alles zum Fressen vorgesetzt. Ein kleines Wunder, dass es noch keine offizielle Best-Of-Zusammenstellung gibt. Dafür vollzieht ihr siebtes Album "One more light" die wohl heftigste Wendung bislang. Poppigkeit und Glätte wurden Linkin Park schon immer vorgeworfen. Es ist schon fast als Trotz zu werten, dass die neuen zehn Songs nun genau dort eintauchen, wo der Mainstream seit einigen Jahren den Hauptschwerpunkt hat. Eine gute Portion EDM, ein wenig R'n'B-Einfluss, Rapper dürfen auch mal ran.
Dass diese Neuausrichtung für Spott und Unverständnis sorgt, war vorher schon klar. "What a waste of great artwork", heißt es bei RateYourMusic, die erste Single "Heavy" mit Sängerin Kiiara bekam massenhaft nach unten gerichtete Daumen auf YouTube. Bei allem Respekt sind Anhänger der Gitarrenmusik halt nicht im Gesamten für ihre Pop-Freundlichkeit bekannt. Und wer "One more light" aus dem Blickwinkel voriger Linkin-Park-Alben bewertet, wird ohnehin Schwierigkeiten haben. Nein, dieses Album muss als Konkurrenzprodukt zur führenden Top-Riege der Chartproduktionen von Justin Bieber, Taylor Swift & Co. gesehen werden. Weil es sich selbst ganz klar in diese Ecke steckt. Genau hier tritt dann das große Problem mit "One more light" zutage: Es ist kein guter Pop. Es verkörpert vielmehr all das, was man daran hassen kann.
Selbst wenn man Linkin Park dafür feiern möchte, dass sie manch borniertem Altfan eins auswischen, muss man anhand der eintönigen Masse unweigerlich kapitulieren. Gleich der Opener "Nobody can save me" sammelt den Restmüll der letztjährigen Hitparade auf. Die quietschigen Stimmeffekte – welche in exakt gleicher Form noch in zwei weiteren Songs recycelt werden – treffen auf käsiges Fingerschnipsen. Die eröffnende Zeile "I'm dancing with my demons" setzt gleich die erste Duftmarke in Sachen Unoriginalität und Klischeehaftigkeit. Zumindest das echte Schlagzeug könnten sich mehr Künstler des Genres abgucken, aber wie sagt man? Eine Snare macht noch keinen Sommer. Nur anhand von Chester Benningtons markanter Stimme erkennt man überhaupt noch, dass Linkin Park gerade laufen. Vollkommen egal und austauschbar wird es, wenn bei "Invisible" und "Sorry for now" Mike Shinoda das Mikro übernimmt und endgültig die Beliebigkeit eines jüngeren The-Chainsmokers-Songs erreicht ist.
Dabei sind der erwähnte Opener und das folgende "Good goodbye" dank der Mithilfe von Pusha T und Stormzy noch zumindest ein wenig memorabel. Auch das viel gescholtene "Heavy" mausert sich – wenn auch mehr durch pure Heavy-Rotation-Willenskraft anstatt aufgrund des kompositiorischen Genies – in den okayen Bereich hinein. Aber sonst ist dermaßen Ebbe im Karton. "Halfway right" traut sich tatsächich eine hochnotpeinliche "Na na na"-Hook, "Talking to myself" schmeißt im Refrain die dicke Bierzelt-Sause zum Mitklatschen. Auch bei den Lyrics kommt die Frage auf, ob schon auf den Vorgängern solche Trivialitäten herrschten. Zwischen Schmalz wie "I've been searching for the courage / To face my enemies" und der Plattitüde "So say goodbye and hit the road" passt immer noch eine Perle. Im mit einer bei Mumford & Söhne ausgeliehenen Klampfe versehenem Closer heißt es: "Sharp edges have consequences." Oh, Konsequenzen? Bitte nicht zu spezifisch werden. Die Zeile spiegelt exemplarisch den Mangel an Aussage und die Gesichtslosigkeit auf dieser Platte wider.
Da steht der zwar kitschige, aber dennoch recht schön gewordene Titeltrack allein als positives Beispiel von Linkin Parks Pop-Hinwendung. Gerade weil die Band hier nicht den dicken Pinsel schwingt, sondern die Ballade eine Ballade sein lässt. Und die Melodie überzeugen kann. Anderweitig tendiert das meiste Material hingegen in Richtung vorletzter Platz beim Eurovision Song Contest – dank der ausgelutschten Songschablonen und den Refrains, die man schon von weitem erahnen kann. "One more light" ist kalkulierter als jede Excel-Tabelle und in etwa so vorhersehbar wie die sechste Wiederholung einer "Glücksrad"-Folge. Aber eines, liebe Die-Hard-Fans, eines ist diese Platte nicht: unauthentisch. Linkin Park wollen ganz offen am großen Pop-Zirkus teilhaben, den nächsten dicken Erfolg einheimsen und setzen dafür mehr als nur einen Fuß in die Tür. Authentischer geht's doch kaum.
Highlights & Tracklist
Highlights
- One more light
Tracklist
- Nobody can save me
- Good goodbye (feat. Pusha T & Stormzy)
- Talking to myself
- Battle symphony
- Invisible
- Heavy (feat. Kiiara)
- Sorry for now
- Halfway right
- One more light
- Sharp edges
Im Forum kommentieren
LCK
2019-04-12 07:33:02
Es ist nun mal so, dass Musiker gerne Musik mechen, demnach ist es verständlich wenn Mike weiter macht...
Toter Shouter einer noch töteren Band
2019-02-20 17:10:17
CRAAAAAAAAAAAAAWLIIIIIIIIIIIIIIIIIIN' IIIIIIIIIIIN MYYYYYYYYYYYYYY SKIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIN !!!
ekelhaft
2019-02-20 17:09:01
sry, aber shinoda is einfach ne geldgeile .... sollte er mit LP alleine weitermachen.
Affengitarre
2019-02-20 16:56:25
Echt? Also übernimmt er dann alleine alle Vocals?
edegeiler
2019-02-20 15:54:42
Shinoda will wohl weitermachen. Ich will aber nicht, dass Shinoda weitermachen will.
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