Käptn Peng & Die Tentakel Von Delphi - Das nullte Kapitel

Kreismusik / Soulfood
VÖ: 19.05.2017
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Im ewigen Kreis

"Sieben zu eins Peng gegen das Imperium / Ich injiziere in Darth Vaders Atemmaske Helium / Ich hebe stumm meine Faust gegen Mephistos Gremium / Und reite Richtung Staat auf einem Koli-Bakterium." Es sind Lyrics wie diese, die Fans von Käptn Peng & Die Tentakel Von Delphi nicht nur mögen, sondern lieben: Eloquente Lines mit philosophischer Note und mindestens ebenso gewichtigem Hang zum Nonsens. Auf dem neuen Album der Truppe mit den selbstgebastelten Instrumenten und den Tiermasken gibt es davon wieder zu Genüge. Bloß leider hat "Das nullte Kapitel" deutliche Längen im Vergleich zu "Expedition ins O", vielleicht auch weil die Song-Strukturen immergleichen Mustern folgen.

Was aber nichts an den positiven Aspekten des neuen Albums ändert. Das anfangs angeführte Zitat leitet den stärksten Track "Im Labyrinth" ein. Käptn Peng befindet sich im Clinch mit der eigenen Seele, die er als dumm verunglimpft, wegsperrt und schließlich doch vermisst. Die Tempiwechsel zwischen Strophe, Bridge und Hook klappern wunderbar durch den Äther, während die Rap-Geschwindigkeit durchweg hoch bleibt. Ähnlich mitnickbar kommt "WobWobWob" daher, dessen lautmalerischer Titel hier absolut Programm ist. Die Gitarre in "Backpfeifenernte auf dem Alphabeet" wechselt sich mit Bongos und Handclaps ab, bis der Track den Hörer mithilfe der "zu-Tode-Streichelmethode" sanft ins Jenseits befördert. "Spiegelkabinett" klont den Rapper, woraufhin dessen zweites Ich ihn in einem Happs verputzt. Dem Chorus im Falsett fließt funky Blut in den Adern, die Aufforderung "Trinke Tipp-Ex und finde zur Weißheit" lässt auflachen.

Es stimmt schon, die Handmade-Beats des Fünfers um die Gebrüder Robert und Johannes Gwisdek grooven weiterhin ordentlich. Auf Dauer aber mangelt es doch arg an Variation. Das Schema ist recht häufig dasselbe: Einleitung durch Peng, einsetzende Instrumentierung, tanzbare Power-Jazz-Beats, Bruch und wieder von vorn. Das ist vielleicht nun einfach der Stil von Käptn Peng & Die Tentakel Von Delphi, trotzdem wirkt es lange nicht mehr so aufregend wie vor ein paar Jahren. Zumal wenn Titel wie "Neue Freunde", "Meister und Idiot" oder "Todesbossa" das instrumentale Spektakel auslassen und die Spannung so erst recht verflacht. "Pi" ist thematisch einfach durch, "Abcdefghijklmnopqrstuvwxyz" hat zwar eine nette orientalische Melodie, nervt aber schnell.

Immerhin mit "Tango im Treibsand" gelingt einmal ein neuer Ansatz: Kontrabass, Gitarre und Reggae-Beat drängen sich nicht auf, stattdessen steht Peng ganz im Fokus, richtet indes den eigenen auf seine On-Off-Angebetete und erschafft ein wahnsinnig tragisch-schönes Liebeslied. Schließlich bringt Robert Gwisdek es auf den Punkt und schreit: "Ich bin Dein Mann und Du bist meine Frau!" Da kann man schon Gänsehaut bekommen, genau wie beim letzten Titel "Tier", der fast die Hälfte seiner fünfminütigen Spielzeit der sanftmütigen Wiederholung einer unendlichen Geschichte widmet, die die Schönheit der Endlosigkeit schildert. Und vielleicht auch damit erklärt, warum Käptn Peng & Die Tentakel Von Delphi keine Anstalten machen, den ewigen Kreis einmal so richtig verlassen zu wollen.

(Pascal Bremmer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Im Labyrinth
  • Tango im Treibsand
  • Backpfeifenernte auf dem Alphabeet

Tracklist

  1. Das nullte Kapitel
  2. Spiegelkabinett
  3. Im Labyrinth
  4. Neue Freunde
  5. Meister und Idiot
  6. WobWobWob
  7. Tango im Treibsand
  8. Pi
  9. Pförtner
  10. MC HomoSapiensSapiens
  11. Abcdefghijklmnopqrstuvwxyz
  12. Backpfeifenernte auf dem Alphabeet
  13. Gelernt
  14. Todesbossa
  15. Tier
Gesamtspielzeit: 60:11 min

Im Forum kommentieren

Kamm

2020-06-29 19:28:28

Das auch, und manchmal sinnlos, dann wieder mit Konzept, manchmal sogar mit Herz, und so was wie 'Haus brennt' kommt der Witzigkeit früher 5 Sterne Deluxe immerhin recht nahe. Mag ich.
Sein Buch war auch toll, hatte ein bisschen was von M. Ende, vermischt mit Konzepten, die man aus der Musik schon kennt. Kann als Nicht-Buddhist da halt auch nicht immer mitgehen. Live sehr mitreißend. Mag ich manchmal sogar sehr.

Analog Kid

2020-06-29 18:17:22

Find schon, dass sich das recht verdrogt anhört zum Teil.

BretinBones

2020-06-29 18:11:08

Der Geltungsdrang von Germanistikstudenten ist gemeinhin bekannt...

edegeiler

2020-06-29 17:55:48

Ich würde unterstellen, Käptn Peng will keinen LSD Trip beschreiben.

Analog Kid

2020-06-29 17:32:46

"Stell dir vor, du sitzt in einem Boot auf einem Fluß mit Mandarinenbäumen und Marmeladenhimmeln.
Jemand ruft nach dir , du antwortest ziemlich langsam,
einem Mädchen mit Kaleidoskopaugen.

Cellophanblumen so gelb und grün,
türmen sich über deinem Kopf.
Schau nach dem Mädchen mit der Sonne in den Augen,
und sie ist fort.

Lucy am Himmel mit Diamanten"

Genauso ein Scheiss. Kann mir das vielleicht einer mal erklären? Macht exakt null Sinn.

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