Echoboy - Giraffe

Mute / Labels / Virgin / EMI
VÖ: 10.02.2003
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Der kleine Tierfreund

Puzzeln ist etwas Feines. Die zwei süßen, kleinen Welpen in 250 Teilen, Van Goghs Sonnenblumen in 500, Schloß Neuschwanstein in 1000. Und für die Profis die gigantische Titanic in voller Fahrt und 2500 per Hand zusammenzusetzenden Stücken. Spiel, Sport, Spaß - Unterhaltung mit Langzeitgarantie. Doch bevor wir das fertige Bild mit Rost einreiben und mit Seetang bewerfen, um gewissen eisbergbedingten Veränderungen Tribut zu zollen, widmen wir uns lieber einfacheren Aufgaben. Tierbildern eben. Genau wie Freund Echoboy, der sich das spannende Motiv der "Giraffe" ausgesucht hat.

Eigentlich hatte Richard Warren ja etwas ganz anderes mit den Dutzenden von Soundschnipseln vor, die er binnen zwölf Monaten fleißig zuhause angefertigt und gesammelt hatte. Freund Flood jedoch, der schon für Depeche Mode, die Smashing Pumpkins und Nine Inch Nails am Pult stehen durfte, überredete ihn zu einer Bastelstunde der besonderen Art. Die beiden operierten mit guten Ohren und spitzen Messern bewaffnet aus den circa sechzig Songs die besten Teile heraus und setzten sie in beachtlicher Kleinarbeit ganz neu zusammen. Die Baßlinie hiervon, das Gitarrenriff davon, dazu noch diese Beat-Schlaufe und jenen Gesangspart - und alles ohne die wenig subtile "Was nicht paßt, wird passend gemacht"-Methode.

So finden sich auf "Giraffe" so einige seltsame Fummeleien, die aber Warrens Anspruch, ein songorientierteres Album hinzubekommen, durchaus angenehm zu unterstreichen wissen. Ob im analog stampfenden "Automatic eyes", in dem ganz frühe New Order und der mittlere Phillip Boa gekreuzt werden, im niedergeschlagenen "Fun in you" oder im finster-romantischen "Comfort of the hum", das wie eine Liebeserklärung an spätindustrielle Betonwüsten wirkt - Echoboy hat im Wust der Puzzlestücke so manche interessante Kombination gefunden.

Der düstere Charme, den "Giraffe" in guten Momenten ausstrahlt, bekommt aber leider auch den gelegentlichen Fleck ab. Nicht jede Untiefe der vielschichtigen Arrangements fügt sich harmonisch ein. Das anscheinend vom letzten Primal-Scream-Album gerutschte "Wasted space" erinnert sich zu deutlich an die Chemical Brothers, das eigentlich spannend loslegende "Good on T.V." entpuppt sich trotz des knurrenden Basses als zu harmlos, und das stumpfe "Lately lonely" versinkt in seinem angekitschten Refrain. Auch wenn der erste Blick auf das frisch zusammengesetzte Kunstwerk Befriedigung verspricht, hat man doch manchmal das Gefühl, einen Knick in der Optik zu haben. Irgendwas hat die "Giraffe" wohl in den falschen Hals bekommen.

(Oliver Ding)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Automatic eyes
  • Comfort of the hum
  • Fun in you

Tracklist

  1. Automatic eyes
  2. Don't destroy me
  3. Comfort of the hum
  4. Summer rhythm
  5. High speed in love
  6. Fun in you
  7. Lately lonely
  8. Good on T.V.
  9. Wasted spaces
  10. Nearly all the time
Gesamtspielzeit: 50:46 min

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