Spiral Stairs - Doris & the daggers

Domino / GoodToGo
VÖ: 24.03.2017
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Dad darf das

Irgendwann kommt der Moment im Leben eines Rockstars, in dem Du auf einem Sitzrasenmäher über die Wiese tuckerst, die Büsche mit der Heckenschere bearbeitest, Deine kleine Tochter zur Schule fährst und denkst: "Ganz schön wenig Rock'n'Roll." Das fasst grob zusammen, warum es doch längere Zeit ruhig war um Scott Kannberg. "Dad time" nennt er es. Der ehemalige Gitarrist und Co-Sänger von Pavement ist gerne Papa – nicht, dass da ein falscher Eindruck entsteht –, widmet seiner Tochter gar den Track "The unconditional". Aber als es auch dem restlichen Teil der Familie zu langweilig wurde im australischen Melbourne, zogen sie nach Los Angeles, wo Kannberg dann auch mal wieder Musik machte. Für und als Spiral Stairs. Mittlerweile leben sie in Mexiko. Aber das ist eine andere Geschichte.

Der Mann, der keine Eile verspürt, setzt auf Lässigkeit. Man hört hier weniger LoFi-Lust, sondern viel eher einen gesettelten Mann, der die Ruhe und unaufgeregte Erzählhaltung eines Singer-Songwriters in melodiöse Rocksongs packt. Dass von der ursprünglichen Idee eines Garage-Rock-Albums quasi nichts mehr übrig blieb: geschenkt. Mit rhythmisch aufmuckenden Bläsern und jaulender Klampfe lädt Kannberg in "Dance (cry wolf)" zum angsterfüllten Tanz, ehe amerikanische Lehrerinnen den Rotstift zücken, weil "Emoshuns" nun so gar nicht der korrekten Rechtschreibweise entspricht. Bei Spiral Stairs aber egal: "Emotion is a concept / A concept of love", flötet Kannberg und bekommt Unterstützung von Broken Social Scenes Kevin Drew. Nach drei Minuten liegen sich beide in den Armen und lassen das Riff frei.

Matt Berningers Zutun hingegen geht etwas unter, so ganz ohne erwartbaren Bariton. Vor allen Dingen aber, weil der gesamte Song eher wie ein in Melancholie getränkter B-Seiten-Output von El Vy klingt. In "No comparison" rückt Kannberg mehr in den Hintergrund, was aber auch an der dichten Instrumentierung liegt. Repetitives Saiten-Geschramme(l), Matt Harris' dominante Bassline und eine breit angelegte synthetische Schlagseite machen es möglich. Mit einer Spur Traurigkeit entlarven Piano und Streicher schnell die vorgetäuschte Leichtigkeit der Akustikgitarre in "AWM", die mit der Erzählung vom nahenden Ende einer Beziehung im Refrain ohnehin nicht mehr hätte aufrecht erhalten werden können: "Don't let our love get ruined by this man." In "Trams (stole my love)" lösen Spiral Stairs Tickets für Southern-Rock, Orgel- und Brassklänge. Das gemeinsame Ziel: Mal gucken. Aber weit weg auf jeden Fall. Bei "Angel eyes" könnte man mit Kannberg diskutieren, ob die Violine on top nicht doch als kitschiges Beiwerk fungiert. Und er würde sagen, dass es um verstorbene Freunde geht, um Menschen wie seinen Drummer Darius Minwalla, der kurz vor einer geplanten Session überraschend starb und als "Little D" textliche Erwähnung findet. Und dann ist das gar nicht mehr so kitschig und man möchte zu dem Song im Pub ein Tränchen vergießen – der Track gibt es aber auch sonst her. Wem das zu schwermütig ist, der mampft mit schottischer Gemütlichkeit Haggis im augenzwinkernden "Dundee man". Und am Ende planschen Spiral Stairs für das Titelstück in einem Teich aus Echos, rufen nach "Doris" und Post-Punk. Auch ein Weg, um der Familie mitzuteilen: Jetzt ist Papa mal wieder auf dem Spielplatz.

(Stephan Müller)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Dundee man
  • Emoshuns
  • Trams (stole my love)
  • Angel eyes

Tracklist

  1. Dance (Cry wolf)
  2. Emoshuns
  3. Dundee man
  4. AWM
  5. No comparison
  6. The unconditional
  7. Trams (stole my love)
  8. Exiled tonight
  9. Angel eyes
  10. Doris and the daggers
Gesamtspielzeit: 43:01 min

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Armin

2017-03-29 21:39:51- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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