Marc Romboy - Voyage de la planète

Hyperharmonic / Kompakt / Rough Trade
VÖ: 17.03.2017
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Vong Kälte her

Nicht nur um die Welt steht es schlecht, sondern auch um die Sprache. Wie sonst hätte Bob Dylan den Literaturnobelpreis erhalten können? Wie sonst könnten sich verstümmelte Netzwörter ins Feuilleton schummeln? Was ist das für 1 Welt vong Ausdrukk her? Es gibt nur eine vernünftige Devise: Instrumentale Musik rettet! Ein Glück, dass Marc Romboy sich nach über acht Jahren entschlossen hat, mal wieder ein Album zu veröffentlichen. Zehn Tracks, in denen nicht ein Wort fällt. Eine Wohltat für das Wernicke-Zentrum im Hirn. Einfach abschalten. Nicht verstehen. Der linguistische Lösungsansatz, er läuft bei diesem Album ins Leere.

Mit Mühe und Not ließe sich zwar ein wenig Science Fiction über die Titel erdichten. Passt nur nicht zur Musik. Denn der Künstler kommt aus Mönchengladbach. Und wer aus Mönchengladbach kommt, hat keine Zukunftsvisionen. Stattdessen entwirft Romboy ein abstraktes Gemälde aus Minimal und Klassik, aus Techno und Ambient. Der Sound gefällt vor allem dank seiner Formlosigkeit und Flüchtigkeit. Auf den kargen Rhythmus des Titeltracks dürfen sich ein paar Streicher gesellen, die den Patterns jedoch keine Melodie aufdrücken können. Selbst mit Hi-Hat am Ende bleibt nur die Rekapitulation als tragendes Element. "Nocturne" materialisiert sich aus dem Nebel, gewinnt mit jeder Spur mehr Kraft und Sog. Am Ende zerfließt die Nummer komplett. Nichts hat Bestand. Nichts will nur Bestandteil sein.

In "La lune et l’étoile" schlägt sich Romboys klassischer Ansatz von noch am deutlichsten nieder, wenn vor dem brummenden Bass ein Klavier ein paar Töne fallen lassen darf. Wärme strahlt sein Sound in diesen Momenten selten aus. Trotzdem versinkt dieses Album nicht in verkühlter Kalkulation. Es strebt nicht das Große an. Romboy sucht das Glück im Schaffen selbst. Alles greift perfekt ineinander, lässt sich nicht mehr trennen. Liebe und Details. "Voyage de la planète" gehört zu jenen Platten der elektronischen Musik, die nie einen Club von innen sehen werden. Nicht ein Moment lockt hier auf die Tanzfläche. Ein Sound, für den die passende Kunstinstallation erst noch erschaffen werden muss. Klare Formen, definierte Linien, kantige Kontraste.

Romboy braucht keine Worte. Sie würden nicht helfen. Sie würden nichts transportieren. Sie würden nichts nützen. Denn es geht ihm um das Unsagbare. Das können selbst die wenigsten Schriftsteller in Sätzen ausdrücken. Doch Romboy findet einen anderen Weg. Irgendwo zwischen Stille und Rhythmus, zwischen Realität und Traum liegt dieses Album. Hier geht kein Kopfkino an, es lassen sich keine Bilder finden. Romboy schickt seine Beats und Patterns auf Umlaufbahnen. Vielleicht ist das nur pure Mathematik. Vielleicht findet ein schlauer Mensch eine Formel, um dieses Album zu erklären. Das würde allerdings den kühlen Zauber komplett zerstören. Und den Nobelpreis gibt es dafür sicherlich nicht.

(Björn Bischoff)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Atome de danse
  • Voyage de la planète
  • L'univers parallèle
  • Nocturne

Tracklist

  1. Jules Verne
  2. Atome de danse
  3. L'univers etrangé
  4. Voyage de la planète
  5. La lune et l'étoile
  6. Phénix
  7. L'univers parallèle
  8. La machine du temps
  9. Symphonie oblique
  10. Nocturne
Gesamtspielzeit: 66:15 min

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Jennifer

2017-03-22 21:52:46- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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