SDP - Die bunte Seite der Macht
Berliner Plattenbau / Chapter One / UniversalVÖ: 10.03.2017
Der Bodensatz
Jo. SDP. Zwei Typen, die ihr musikalisches Spektrum irgendwo zwischen schmissigem Suffstandard à la "Die Nacht von Freitag auf Montag" und Herzschmerznummern wie "Ich will nur, dass Du weißt" mitsamt Adel Tawil ausbreiten. Vollgepackt mit nicht einmal mehr peinlichen Wortwitzen, die die Rugrats trotz explosiver Diarrhoe nicht abgesondert hätten. Aber eben auch zwei Typen, die – wir passen uns hier mal der saloppen Ausdrucksweise der Künstler an – den Scheiß halt auch schon seit bald 20 Jahren machen. Das allein ist natürlich keine Garantie für Substanz. Und ob sich hinter dem Weg zu solchen Knallern wie "Bunte Rapublik Deutschpunk" oder "Zurück in die Zukunst – Angriff der Riesenohrwürmer" nun ein tragischer Fall von "dumbing down for the audience" verbrigt, oder ob das Duo – was deutlich näher an der Wahrheit liegen dürfte – auch schon auf ihren ersten Alben eher vernachlässigbar war, ist letztlich auch egal. Was zählt: Der Arbeitsnachweis der Band oberhalb der Wahrnehmungsschwelle lässt viel Luft nach oben.
Doch immerhin grüßt mit "Die bunte Seite der Macht" nur ein lahmes, nicht jedoch mit aller Gewalt hingedengeltes Wortspiel vom Cover. Das lässt hoffen. Bis zum "Intro". Dort wird dann direkt kräftig vorgebaut, nehmen sich Vincent Stein und Dag-Alexis Kopplin ganz schelmisch selbst auf die Schippe. Und den fiesen Hatern vermeintlich den Wind aus den Segeln. Hach, diese Schlingel, welch ausgeklügelter, doppelbödiger Humor. Nicht. Wie eine Fußballmannschaft, die ihren Grottenkick schon im Voraus auf den schlechten Rasen schiebt. Dass "Leider wieder da!" diese dusselige Leier gleich noch zu uralten Stuhl-Witzen der Ärzte und Melodien, die sie irgendwo aus dem finstersten Kellerloch der Wohlstandskinder geklaut haben, fortsetzt, macht die Chose nicht besser. Aber hey: SDP wärmen sich doch gerade erst auf, da kommt noch viel mehr. Ganz Schlimmes. Zum Beispiel die von jeglichem Witz befreite Qualitätseskalation nach unten in "Pferdeschwanz". Ja tatsächlich, es handelt sich um einen Gemächt-Frisur-Scherz. Der Humor liegt derweil röchelnd in der Gosse. Daneben gibt es noch Zeug wie "Zeit verschwenden", das "Mutti" auf "Uni" auf "Abi" auf "Papi" reimt und mit Zeilen wie "Zeit ist nur verschwendet / Wenn Du sie nie verschwendest" Reflexion auf düsterstem Kalenderspruchniveau präsentiert. Wer findet das gut, und vor allem: Was soll das alles eigentlich? Weiß kein Mensch.
Sei's drum. "Echt Freunde" kann immerhin etwas Erfreuliches bieten: Eine ganz nette Gitarrenidee. Heureka! Die wird aber den ganzen Song hindurch totgedudelt. Und bekommt obendrauf einen Text an diese Seite gestellt, dessen größte Weisheit Zeilen sind wie "Denn am Ende des Tages / Sind die echten Freunde / Unter hunderttausend / Nur zwei, drei Leute." Alter, krass, voll deep! Was Prinz Pi in diesem mitleiderregenden Songversuch will? Eh schon egal. Überhaupt sind es die Texte, die der für sich schon ärgerlichen und stets fahrstuhltauglichen Allerweltsmucke regelmäßig die Krone aufsetzen. Man höre nur "Bullen, Schweine". Nicht nur braucht im Jahre 2017 und damit ganze 37 Jahre nach Slime keine alte Sau – haha, wie witzig, SDP lachen sich bestimmt gerade scheckig – einen solchen Song. Nein, obendrauf wird das ach so böse Wort "Bullenschweine"' auch noch allen Ernstes hinter ahnungslosen Viechern versteckt. Man lässt Sido über Ringelschwänze rappen, anstatt auch nur einen Millimeter für die kurz angetäuschte Haltung einzustehen. Und wenn SDP den humorigen Mantel ein wenig lüften, wird es nochmal dunkler. Hätte Casper "So schön kaputt" früher gehört, er hätte "XOXO" niemals aufgenommen, weil er so einen Rotz im Nachgang seines Werks nicht verantworten hätte können. Hat er aber nicht. Deshalb muss man heute gute drei Minuten fürchten, dass der Song gleich von blutigen Küssen und bitteren Pillen salbadert.
Fast könnte man Mitleid bekommen. Aber schon während man über das Bild des Schreckens, das "Die bunte Seite der Macht" hinterlässt, blickt, merkt man, dass dies hochgradig unangebracht wäre. Vielmehr ist es an der Zeit, Stellung zu beziehen. Gegen derlei bis in den hintersten Winkel ekelhaft durchgestylte 'Kunst', die völlig harm- und substanzlos des Weges kommt und ihr vermarktungstechnisches Kalkül bestenfalls halbherzig versteckt. In diesem Sinne: "Die bunte Seite der Macht" ist zutiefst bornierter und anti-intellektueller Schund für Leute, denen noch bei den miesesten Joko-und-Klaas-Witzchen vor Lachen der Rotz auf den Fliesentisch knallt. Schund, der auch noch dreist vorgibt, ein bisschen Relevanz, Haltung und Hirn zu transportieren, aber hinter der Fassade ein klaffendes Nichts offenbart. In einer gerechten Welt würde die Zielgruppe den Schulterschluss proben und "Die bunte Seite der Macht" ungehört in den Regalen, Downloadangeboten und Streamingplattformen vergammeln lassen. Leider bleibt das für immer Utopie. Die Terrorgruppe würde sagen: Musik für Arschlöcher.
Highlights & Tracklist
Highlights
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Tracklist
- Intro
- Leider wieder da!
- Zeit verschwenden
- Ja ja aka. LMAA
- Bullen, Schweine (feat. Sido)
- So schön kaputt
- Leider noch zu zweit Skit
- Das Leben ist ein Rockkonzert (feat. Swiss)
- Am schönsten
- Echte Freunde (feat. Prinz Pi)
- D in der Mitte Skit
- Pferdeschwanz
- Friendzone
- Nicht mein Problem Remix (feat. Timi Hendrix)
- #DAMDAMDAM!
- Millionen Liebeslieder
- Die bunte Seite der Macht
Im Forum kommentieren
Willy B.
2017-11-03 23:11:48
Siggi - der Darth Vader der SPD
Ok
2017-10-29 10:11:37
Guter Hinweis
Sebfree
2017-10-29 09:30:01
Mit dem Autor der Kritik muss man Mitleid haben. In dem Text ist soviel Schrott und Missgunst zu lesen, dieser Mensch tut mir leid. Von Musik hat er nicht viel Ahnung, überdeckt dies jedoch mit überhäuftem Zitieren von Bands/Künstlern die angeblich Ähnliches schon vor Jahren gemacht haben.
Ich mag die Band und finde auch die Art und Weise wesentlich lustiger und niveauvoller als das die zitierten Ärzte je hinbekommen haben. Ich habe aber das Gefühl der Autor lebt in der Vergangenheit und kann nicht akzeptieren das Musik heute anders ist.
Mein Beileid nochmals für deine tiefe Frustration, SDP kann allerdings nichts dafür, bei mir sorgt die Band jedenfalls genau für das Gegenteil und ich höre sie gerne wenn es Mal nicht so läuft.
Ich bin übrigens 38 und kenne Die Ärzte noch aus aktiver bzw erfolgreicher Zeit.
edegeiler
2017-03-17 18:33:12
:D :D :D DIESER GANZE RADIOSCHROTT!!! MEIN RADIOSCHROTT!!1111
MartinS
2017-03-17 18:13:35
Ich check nicht, was genau SDP als Alternative zum Radioschrott qualifizieren soll. Was auf "Die bunte Seite der Macht" so passiert passt doch ganz wunderbar zwischen Glasperlenspiel und Max Giesinger, das ist es doch gerade.
Das hat dann auch nichts mit der Art von Musik (was ist das eigentlich für ein Nullargument?) zu tun – Schrott bleibt Schrott, unabhängig vom Genre.
Ich muss wieder in den Ohrensessel.
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