Nadia Reid - Preservation
Basin Rock / IndigoVÖ: 03.03.2017
Gesucht, gefunden, behalten
Selten geschieht es, dass sich eine junge Künstlerin, früh selbst deutet und ihren Schaffenskosmos damit auch eng eingrenzt. Nadia Reid sang offenbarend auf ihrem vor zwei Jahren erschienenen Debüt: Traurige Songs machen glücklich. Gut, darüber könnte man streiten, soll ja helfen, gerade, weil diese Neuseeländerin betont, nur für sich selbst zu komponieren. Interessehalber wäre es nett, zu erfahren, ob sie noch glücklicher mit traurigeren Songs würde. Ihr Zweitling beantwortet dies nicht. Denn "Preservation" ist nicht derart elend geworden. Mit 25 Jahren hat sich Reid, die früh selbst erklärende, dann selbst suchende, nun selbst gefunden. Was auf ihrem Debüt übersensibel, verwundert, pessimistisch klang, hat sich pragmatisch verwandelt. Sie argwöhnt und zaudert nicht mehr mit Liebe und Beziehungen, wird dafür kontemplativer.
Dabei passt das nicht. "Preservation" ist ein Trennungsalbum. Sagt sie, kann sie aber nicht wirklich meinen. Sie knöpft sich diesen "Richard" zwar vor, gerade weil ihr Ex ein Meister des Wortschwalls war, einer inhaltsarmen, ärgerlichen, eigentlich schwachsinnigen Kunstform. Aber Reid haut ihn nicht in die Tonne. Vielmehr wuchert daraus ein mesmerischer Song, repetitiv mit seinen vielen Einwürfen an Gitarrenriffs, -läufen und -stößen. Nichts davon bissig, viel sanft liebevoll. Genauso feinfingrig und von warmverzerrten Klängen getragen wie das eröffnende Titelstück. "I know I will find the one to hold onto", singt sie da. Die gezügelten Instrumente schlingern um Reids zarte, nuanciert tiefe Alto-Stimme, den Hörer einfangend wie Joan Baez oder Tracy Chapman. Sehnsucht in allen Formen strömt durchs spärliche "Reach my destination" oder dem im Hall versunkenen "I come home to you", aber Reid ist zuversichtlich. Sie wird ankommen, wird nach Hause finden. Das trägt sie so einbalsamierend vor, dass auch die leise, verschwindend gewehten Silben nicht stören.
Gerade aus Neuseeland stammen derzeit einige tolle Songwriterinnen: Die düstere Aldous Harding, die verträumte Tiny Ruins oder wie hier eine bedachtsame Nadia Reid. Sie wird es nicht schwer haben, zu konkurrieren. Dafür sind einige ihrer Harmonien zu umarmend und der Soul in "The arrow & the aim", schwummrig und schwerfällig, zu betörend. Was auch immer Reid gefunden hat, das sie nun Selbst nennt, es hat ihr geholfen, sie wird es behalten.
Highlights & Tracklist
Highlights
- The arrow & the aim
- Richard
- Reach my destination
Tracklist
- Preservation
- The arrow & the aim
- Richard
- I come home to you
- Hanson St, pt. 2 (A river)
- Right on time
- Reach my destination
- Te aro
- The way it goes
- Ain't got you
Im Forum kommentieren
dreckskerl
2017-03-11 09:04:56
Ja, echt schön.
Wobei die Stimmenvergleiche mit Tracy Chapman,wie auch Joan Baez in meinen Ohren absolut falsch gewählt sind.
Ich höre als erstes eine frühe Beth Orton.
Art
2017-03-10 13:56:12
Ah schön! Hab das Debut hier sehr vermisst.
Oliver
2017-03-09 20:06:06
Schöner Tipp, Danke
Armin
2017-03-08 21:45:07- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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