Tim Cohen - Luck man

Sinderlyn / Cargo
VÖ: 20.01.2017
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Traurig war er ziemlich oft

In deutschen – oder gar europäischen – Gefilden mag man das nicht unbedingt so bemerken oder wissen, aber Tim Cohen ist ein wirklich hartarbeitender Musiker. Als Mitglied diverser Bands und Kollektive, am bekanntesten bei Magic Trick und The Fresh & Onlys oder in unterschiedlich benannten Soloprojekten: Der Mann macht eigentlich immer Musik. Umso erstaunlicher, dass es nun satte sechs Jahre gedauert hat, bis Cohen mit "Luck man" sein viertes, unter eigenem Namen produziertes Album veröffentlicht. In der Zwischenzeit war er natürlich alles andere als untätig, und doch ist Solo-Cohen immer noch ein bisschen anders als Band-Cohen.

Seine Vorliebe für Psychedelic-Pop und hart an der Grenze zur Traurigkeit wandelnde Melancholie lebt er alleine eben einfach besser aus. "Luck man" ist, entgegen seines Titels, keine Ausnahme. Zwar stets mit einem Augenzwinkern versehen, singt Cohen nur allzu oft von der Endlichkeit allen Seins, von der Vergänglichkeit des Glücks und dem nicht immer starken Überlebenswillen. Der zurückhaltend startende Opener "Wall about a window" zeugt zudem von Cohens Sinn für Surreales, wozu der verspielte Einsatz einer Sechzigerjahre-Orgel wie die berüchtigte Faust aufs Auge passt. Der Kalifornier tanzt an einer imaginären Schwelle ins irdische Jenseits, macht auch mal den Hals lang und streckt den Kopf rüber – bleibt am Ende aber mit beiden Füßen auf der sicheren Seite.

Und weil der Wechsel zwischen beißendem Zynismus und tiefer Verzweiflung auch zu einer von Cohens Lieblingsbands passt, zollt er ebenjener auf "Luck man" glatt Tribut: "Meat is murder" ist wider Erwarten kein The-Smiths-Cover, sondern eine polternde Hommage, wenngleich die Geschichte über einen Mann, der mitten in der Nacht aufwacht und sich vor seinen eigenen blutbesudelten Händen erschreckt, schon Horrorfilm-Charakter hat. Und wenn wir schon bei Achtzigerjahre-Helden und cinemaskopischer Brillanz sind, muss unbedingt die Indie-Pop-Leichtigkeit von "John Hughes" erwähnt werden, die an den möglicherwerweise besten Club der Welt erinnert: "I saw 'The breakfast club' and fell in love with the one idea / How can we act alone / Even when we are young?" Sorry, Ihr toten Dichter.

Dennoch kämpft Cohen unermüdlich gegen jegliche Form von Dunkelheit, auch wenn er sich stellenweise genau dorthin begeben muss. Seine Fantasie ist dabei seine stärkste Waffe: Das sich sanft aufbauende "Sunshine" bewirft den Mond mit ein paar Flugzeugen, während er zugleich davon singt, dass er am Morgen versuchen wird, sich seinen Ängsten zu stellen. Das verspielt auf einem Bein durch die Gegend hopsende "Breathe and die" ruft derweil zu mehr Optimismus auf, sterben müssen wir alle sowieso, "That's all you have to do", klar. Und "I need a wife" startet zwar als zuckersüße kleine Ballade, bricht gegen Ende aber in alle Richtungen aus, um seine im Titel genannte Intention vorsichtshalber noch etwas deutlicher zu machen. Er will die Traurigkeit eben hinter sich lassen, das offenbart auch der hymnische Abschluss in Form des Titeltracks. "Luck man, what's your name / What's your name?", fragt der sogar noch. Dabei ist die Antwort doch ganz klar: Der Name lautet Tim Cohen.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • John Hughes
  • Meat is murder
  • Sunshine

Tracklist

  1. Wall about a window
  2. Shine
  3. John Hughes
  4. Meat is murder
  5. Breathe and die
  6. Bedfellows
  7. I need a wife
  8. Sunshine
  9. Clouds
  10. Irony
  11. Luck man
Gesamtspielzeit: 41:33 min

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Armin

2017-03-08 21:40:48- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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