Grandaddy - Last place

Columbia / Sony
VÖ: 03.03.2017
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Aus Alt mach Älter

Jason Lytle weiß, wie man eine Comeback-Rede hält: In einem NME-Interview ließ er anlässlich des neuen Grandaddy-Albums verlauten, dass die Band mittlerweile zwar fetter und glatzköpfiger sei, aber auch verflucht geil klänge. Alle wichtigen Punkte abgearbeitet? Nein, Lytle ist noch nicht fertig. Warum er und seine Kollegen sich elf Jahre nach dem 2006 veröffentlichten "Just like the fambly cat" mit neuem Material zurückmelden, wisse er selbst nicht genau. Das hätte sich eben so ergeben. Und irgendwie klingt "Last place", das mittlerweile fünfte Grandaddy-Album, auch ein bisschen danach.

Das ist mitnichten schlecht. Die Mischung aus Indie- und Psychedelic-Rock, mit der sich das Quintett aus dem kalifornischen Modesto bereits seit Anfang der Neunzigerjahre in die Herzen ihrer Anhängerschaft gespielt hat, zeigt auch 2017 keinerlei Abnutzungserscheinungen. Von Alterswehwehchen wollen eben weder Grandaddy noch ihre Fans etwas wissen, und für ebenjene ist "Last place" wohl auch am ehesten gedacht. Das Album orientiert sich nicht selten an einer alten Agenda und geht offensichtlich nicht auf Ohrenfang bei den Jung-Hörern: Schon der glatte, aber durchaus gefällige Einstieg "Way we won't" klingt dermaßen nach Grandaddy, das es glatt auch als überarbeitete Version eines längst bestehenden Stücks durchgehen könnte.

Andererseits – warum sollten sie es auch anders machen? Never change a winning team, und nach über einem Jahrzehnt Pause wäre ein zu krasser Wechsel vielleicht auch gefährlich fürs Herz geworden. Dementsprechend entspannt gibt sich die Band, sei es im wohlig-poppigen "Brush with the wild" oder in der Liebeskummer-Ballade "Songbird son", in der höchstens ein paar kleinere, aber vollkommen risikobefreite Soundspielereien zu Lytles zerbrechlichem Gesang für minimal erhöhten Blutdruck sorgen. Da wirkt der Umbruch mitten im herrlich-hymnischen "The boat is in the barn" fast schon wie ein erfrischender Luftzug: Von einem zumindest halbwegs energischen Stakkato-Rhythmus geht es über in die ausladende zweite Hälfte, die sich selbst nur zum Ende hin leider ein wenig ausbremst.

Es ist nicht der einzige Moment, in dem Grandaddy etwas zu sehr – und noch dazu völlig unnötig – auf Nummer sicher gehen und so den entscheidenden Funken verpassen: Die Space-Rock-Oper "This is the part" fasziniert anfänglich, mäandert dann aber scheinbar auf der Suche nach dem Höhepunkt durchs All. Währenddessen mag die Surf-Rock-Atmosphäre von "I don't wanna live here anymore" weder vorne noch hinten so recht aufs Album passen, könnte aber dennoch ein kleiner Hit auf den College-Radio-Stationen werden. Immerhin gibt es mit der synthiegeschwängerten Single "Evermore" einen der mit Abstand stärksten Grandaddy-Songs überhaupt, auf die sich womöglich sogar das alte als auch das neue Publikum einigen könnten. Irgendwie ist das auch die Krux von "Last place": Stellenweise klingt es, als wären Grandaddy nie weg gewesen – fraglich, inwieweit man das Comeback dann wirklich gebraucht hat.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Way we won't
  • Everymore
  • The boat is in the barn

Tracklist

  1. Way we won't
  2. Brush with the wild
  3. Evermore
  4. Oh she deleter :(
  5. The boat is in the barn
  6. Chek injin
  7. I don't wanna live here anymore
  8. That's what you get for gettin' outta bed
  9. This is the part
  10. Jed the 4th
  11. A lost machine
  12. Songbird son
Gesamtspielzeit: 44:00 min

Im Forum kommentieren

Armin

2017-03-01 20:49:52- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

musie

2017-01-25 20:42:09

sehr schönes album! ähnlich mit sich im reinen wie die letzte von Teenage Fanclub

Armin

2017-01-17 17:46:36

GRANDADDY MELDEN SICH MIT ERSTEM ALBUM SEIT 2006 ZURÜCK!
"LAST PLACE" ERSCHEINT AM 3. MÄRZ

VIDEO ZUR ERSTEN SINGLE "EVERMORE"
SOMIT NEBEN "WAY WE WON'T" UND "A LOST MACHINE" BEREITS DREI TRACKS VORABZUHÖREN
Jason Lytle kann sich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern, wann er genau beschloss, nach zehn Jahren Pause wieder ein Grandaddy-Album aufzunehmen. Tatsächlich ist er sich nicht einmal sicher, dass ein solcher Entschluss überhaupt getroffen wurde. „Es gab keine klare Entscheidung“, erinnert sich der Frontmann und Sänger. „Ich schlitterte da quasi so hinein, weil mich die Vorstellung neugierig machte, wie ein neues Grandaddy-Album wohl klingen würde. Ich musste aber mit großer Vorsicht an die Sache herangehen.“

Lytles „Rückkehr auf Probe“ in die Grandaddy-Welt zahlte sich allerdings aus. „Last Place“, das fünfte Album der Kalifornier, klingt genauso, wie es sich Grandaddy-Fans gewünscht haben. Es ist ironisch, ergreifend, fantastisch, wunderschön und voller Menschlichkeit - ein Panoramablick auf alles, was die Band vor ihrem Split so unglaublich beliebt gemacht hat. Lytle hat einen verdammt weiten Weg zurückgelegt, doch er hat wieder nach Hause gefunden.

Grandaddy wurde 1992 gegründet, als Line-Up kristallisierte sich schließlich die Besetzung Lytle, Jim Fairchild (Gitarre), Aaron Burtch (Schlagzeug), Kevin Garcia (Bass) und Tim Dryden (Keyboards) heraus. Die Band veröffentlichte in Eigenregie einige Kassetten, bevor 1997 ihr offizielles Debütalbum „Under The Western Freeway“ erschien. Im Jahr 2000 folgte mit „The Sophtware Slump” ein Meisterwerk des noch jungen Jahrtausends, das sich den Themen Natur und Technik, Fortschritt und Nostalgie widmete, und dem Hörer einen Weg durch eine stetig verwirrendere Welt wies. Symphonischer Pop mit DIY-Budget, als würde man versuchen ein ELO-Raumschiff aus Gerümpel zusammen zu bauen, das man im Hinterhof findet.

„The Sophtware Slump” bescherte Grandaddy jede Menge neuer Fans, darunter David Bowie, Elbow-Sänger Guy Garvey, Blur-Gitarrist Graham Coxon und Beck. Nach der Veröffentlichung der Alben „Sumday“ (2003) und „Just Like The Fambly Cat“ (2006) beschloss Lytle, die Band ruhen zu lassen.


GRANDADDY
"LAST PLACE"
LABEL/VERTRIEB:
SONY MUSIC
VÖ: 03.03.2017





dieDorit

2017-01-09 10:42:59

Neues Lied: A lost machine
Schon seit einem Monat draußen, wundert mich, dass das noch nicht verlinkt wurde.
Gefällt mir wesentlich besser als die beiden Vorgänger. Also richtig gut sogar. Ich hab noch Hoffnung für das Album. Vorfreude ist jedenfalls geweckt.

Mr Oh so

2016-10-24 18:35:16

Hm, ist bisher an mir vorbeigegangen, dass die wieder zusammen sind. Stimme Herder im Prinzip auch zu. Die Soloalben kenne ich nicht wirklich, nur ein paar vereinzelte Songs, die ich aber sehr gut fand. Gut, aber die Reunion hätte es nicht gebraucht...

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