Frànçois & The Atlas Mountains - Solide mirage
Domino / GoodToGoVÖ: 03.03.2017
Einmal um den Pop-Globus
Zugeschriebene Genre-Bezeichnungen können ziemlich problematisch sein. Manche Bands kommen aus einer verhassten Schublade ihre ganze Karriere lang nicht raus. Frànçois Marry hatte Glück: Es macht ihn stolz, wenn der Musik von Frànçois & The Atlas Mountains das Label "World-Pop" verpasst wird. Als Kind einer Mutter aus der ehemaligen französischen Kolonie Kamerun kam er schon früh mit afrikanischen Melodien und Rhythmen in Berührung. Bis heute hört er mit höchster Aufmerksamkeit Musik aus aller Welt. Eine universell verständliche Musiksprache zu benutzen, ist Marrys erklärtes Ziel – nicht mehr und nicht weniger. Das neue Album "Solide mirage" klingt aber auch immer wieder nach typisch französischem Sexappeal: Marrys geschmeidige, manchmal nachlässige Stimme trägt das ihre dazu bei.
Diese schon mal ziemlich angenehme Grundlage wird in jedem Song durch andere Referenzen angereichert und in raffinierten Arrangements zu einem stets überraschenden, aber stimmigen Gesamtklang verwoben. Der erste Titel "Grand dérèglement" packt ein wenig orientalischen Bauchtanz und gerade so viel Grunge, dass eine optimistische Spannung erhalten bleibt, in 3 Minuten und 20 Sekunden. Obwohl Marry sonst eher die abstrakte Poesie liebt, kommt er nicht umhin, sich auf diesem Album auch politisch zu äußern. Anlass war unter anderem, dass die Band 2015 in Nordafrika und im Nahen Osten unterwegs war und einer politisch denkenden und vom Arabischen Frühling immer noch fiebrigen Jugend begegnete. Das eindeutigste Statement setzt die Band im Video zu genanntem "Grand dérèglement", in dem der palästinensische Dabké-Tänzer Mohamed Okal, der mit seiner Familie vor dem Gaza-Konflikt nach Belgien floh, durch den Palais de Justice tanzt.
"Tende et l'âme" joggt in gemütlichem Tempo vor sich hin und leitet über zum holprigeren "Apocalypse à Ipsos". Die Kombinationen aus rumpelnden Trommelrhythmen und eleganten Gitarren lassen den Gedanken an Vampire Weekend nicht ganz verdrängen, wobei Marry beteuert, dass die Gemeinsamkeiten der beiden Bands daher stammen, dass beide in ihrer Jugend von Paul Simons "Graceland" beeinflusst wurden. In "100 000 000" eröffnet sich ein völlig anderes Panorama. Synthie-Klangwellen schwappen rechts und links über Gesang, Gitarre und ein feines, feierliches Solo eines unidentifizierbaren Saiteninstruments. Zu "Après après" darf durch die WG-Party getanzt werden, "Bête morcelée" bietet jede Menge schmutzigen Rock'n'Roll, bei "Jamais deux pareils" stehen wieder afrikanische Hüftschüttel-Grooves im Vordergrund, ergänzt durch eine delikate Steeldrum-Melodie. "Perpétuel été" fährt das Tempo langsam wieder runter nach dieser musikalischen Zeit- und Weltreise. Das verträumte Ambiente des Songs wird nur durch ein paar Streicher getragen. Und "Rentes écloses" schickt den Hörer mit seinem endlosen hypnotischen Akustikgitarren- und Bass-Loop endgültig ins Traumland. Kann sein, dass einem beim Augenschließen noch ein bisschen schwindelig ist von all den bunt gemischten Eindrücken.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Grand dérèglement
- Apocalypse à Ipsos
- Après après
Tracklist
- Grand dérèglement
- Tende et l'âme
- Apocalypse à Ipsos
- 1982
- 100 000 000
- Après après
- Bête morcelée
- Jamais deux pareils
- Perpétuel été
- Rentes écloses
Referenzen
Spotify
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