Deutsch Amerikanische Freundschaft - Fünfzehn neue DAF Lieder
Superstar / Urban / UniversalVÖ: 24.02.2003
Tanz den Berlusconi
Man sollte ja meinen, in Zeiten wie diesen sei die deutsch-amerikanische Freundschaft wichtiger denn je. Da erlauben sich deutsche Bundeskanzler die Frechheit, nicht blindlings waffenschwingenden Cowboys aus dem Weißen Haus hinterherzuhecheln, diffarmieren amerikanische Verteidigungsminister Deutschland als "Teil des alten Europas", und überhaupt scheint es mit dem Verhältnis zwischen den Nationen von George Dabbeljuh und Steuermann Gerd nicht zu Besten zu stehen. Und was machen Robert Görl und Gabi Delgado-Lopez, die sich die die Verbindung zwischen Berlin und Washington gleich als Bandnamen auf die Fahne geschrieben haben? Sie spucken dem Brezelverschlucker ebenfalls munter ins Gesicht. "Der Sheriff" schüttet Spott und Hohn gleich kübelweise in die Pennsylvania Avenue. Für DAF-Verhältnisse jedenfalls. In der ständigen Wiederholung der immer gleichen Parole zeigt sich die Reduktion aufs Wesentliche.
Solcher streng durchexerzierter Minimalismus war schon immer die größte Tugend der NDW-Vorreiter, die mancher als einflußreichste deutsche Band neben Kraftwerk und Can bezeichnet. Eine Sensation war es, als Anfang der Achtziger die militärisch anmutende Ästhetik des Duos die Energie des Punk und die technische Strenge des Sequencers miteinander verband. Delgado-Lopez bellte höchst provokative Slogans wie "Tanz den Mussolini" nur so heraus, während Görl allerlei eiskaltes Gewummer aus dem Strippengewirr herausquetschte. Der ungehemmte Flirt mit nationalistischer Symbolik war zudem ein Schock für das sozialdemokratische Post-Hippie-Deutschland. Und im nach Sensationen hechelnden Rest der Welt - mindestens in Thatcher-England - ein beinahe willkommener Tritt ins Gesicht. Ähnlich wie gut fünfzehn Jahre später der Rammsteinsche Brachialrock, in dem Delgados Dampfhammer-Methodik weiterlebt.
Und nun, kaum ein Jahr nachdem Jürgen Teipels "Verschwende Deine Jugend" auch die Kebabträumenden ausgiebig beleuchtet hatte, wollen die Erfinder des grobschlächtigen Skandierens ebenfalls ein paar Krümel vom Revival-Kuchen einsacken. So erinnern sich die zwei Düsseldorfer eben wieder an die alten Schaltkreise und werfen dazu den rostig gewordenen Phrasendrescher an. Kehlig und völlig melodiefrei skandiert es uns auf "Fünfzehn neue DAF Lieder" entgegen: "Verbrechen, das lohnt sich / Verbrechen ist schön." Wie verrucht. "Zieh den Rock hoch / Schönes Mädchen." Wie verdorben. "Wir züchten uns Soldaten / Für die große Schlacht / Die Leichen kann man braten / Der Präsident wird satt / Und dick." Wie verabscheuungswürdig.
Nein, im Jahre 2003 lockt man mit solchen Plattheiten niemanden mehr von der Xbox weg. Bleibt also als Aktivposten noch das legendär bedingungslose Wummern der Maschinen. Dessen aggressiver Gestus hat sich kaum spürbar verändert. Dem Proto-Techno von einst werden gelegentliche Breakbeats und Samples untergeschoben. Das schindet Eindruck und sorgt für angemessen finstere Atmosphäre. Doch das sture Galoppieren wird dadurch auch nicht viel spannender. Dynamik ist Fehlanzeige, wenn das Pedal immer durchgetreten wird. Die Arrangements sind konsequent binär gehalten: Null und Eins. Eins und Null. Null und Eins. Viel mehr Varianten gibt's da nicht. Das paßt bestens zum aufgedrängten Schwarzweiß-Denken, das nicht mal davor zurückschreckt, die welk werdenden Körper (inklusive des auf Delgados Hühnerbrust wallenden Brusthaars) bloßzustellen. Aber eines muß man den beiden lassen: Sie sind immerhin konsequent. Sogar in der Selbstdemontage.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Der Sheriff
- Satellit
Tracklist
- Der Sheriff
- Ich bin tot
- Du bewegst Dich
- Kinderzimmer
- Rock hoch
- Mira como se menea
- Satellit
- Moschino, Heckler & Koch
- Seltsame Freunde
- Algorithmus
- Der Präsident
- Liebeszimmer
- Komm in meine Welt
- Die Lüge
- Ich bin morgen wieder da
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- Deutsch Amerikanische Freundschaft (15 Beiträge / Letzter am 24.08.2017 - 05:50 Uhr)