Lemur - Die Rache der Tiere
Kreismusik / SoulfoodVÖ: 27.01.2017
Kein Affenarsch
Affen können ganz schöne Arschlöcher sein. Das haben sie mit uns Menschen gemein. Irgendwo auf einem der geteilten Chromosomen scheint die Information fürs Wichsersein codiert. Affen können rauchen, Affen können klauen, Affen masturbieren wirklich andauernd. Sonderlich unterscheiden sie sich also nicht von uns. Nur der eine Typ, der sich den Affennamen anheftet, der ist alles andere als ein Asi. Das erklärt Lemur schon fast entschuldigend im Intro "Geld" auf seiner neuen Platte "Die Rache der Tiere".
Der schnöde Mammon, den man nur verdient, wenn man sich dazu hinreißen lässt, fies zu sein. Da rutscht dem gebürtigen Wolfsburger und heutigen Berliner schon einmal eine doch recht dreckige Line raus: "Da würd ich lieber Popel fressen, oder die Vagina einer Toten lecken." What? Tja: "Mein Promo-Hansel meinte für Skandale gibt es Bares", und man muss ja auch irgendwie über die Runden kommen. Die Einleitung des Albums scheint sich allerdings für etwas zu rechtfertigen, was ansonsten gar nicht stattfindet. "Die Rache der Tiere" hat wirklich nichts Böses im Sinn. Stattdessen scheut sie vor der Fauna zurück: Im Titeltrack hat das Tierreich genug von der menschlichen Vorherrschaft. Die Geschichte einer Flucht vor den animalischen Putschisten resultiert in großartigen Lyrics wie "Ich boxe mich durch Doggen und Robben / Hau diesem Maulwurf aufs Maul und verkloppe die Motten."
Weitere Fahrt nimmt das folgende "Ballast" auf, das eine Beziehung beendet und sich zumindest vordergründig darüber freut, denn die Melodica setzt dem Beat einen schiefen Trauerhut auf den Kopf. Ähnlich ironisch geht es in "Sterben" zu: Das Ende ist nah, aber das ist kein Grund, kein Liedchen zu trällern. Der Sensenmann findet auch Dich und kennt zudem "jedes noch so kleine Kaff in Niedersachsen." Nach ganz oben wendet sich "Highlander". Der Rapper fragt sich, wieso Glaube immer zu Wahnsinn und Krieg führe, sei er doch in seiner hoffnungsspendenden Manier eigentlich etwas Gutes. Zwischen minimalem Geklacker und Piano rappt sich Lemur in Rage. Gemeinsam mit Marten McFly feiert er anschließend den Aufstieg in die "Reinsteigerchampionsleague". Umrahmt von sausenden Orgeltönen und digitalem Rhythmus-Ei finden die beiden jedoch keinen Ausweg aus dem zerebralen Gefängnis. Die selbe Leier, diesmal begleitet von Nazz, ergibt sich in "Dazugehirn", wobei diesmal der Ausbruch aus dem Zahnrad-Dasein gelingt.
Einen weiteren starken Auftritt legt der Ex-Herr-Von-Grau-Rapper in "MMV" hin, das auf gediegenem Drum-and-Bass-Beat eine manische Episode beschreibt und sich zur Vernichtung der Menschheit hinreißen lässt. Um danach die "Batterie" wieder aufzuladen, bemüht Lemur den Ton-Steine-Scherben-Slogan und macht kaputt, was ihn kaputt macht. "Die Rache der Tiere" schließt nach einer guten Dreiviertelstunde ohne einen Ausfall. Der Rapper vereint Witz und Charme mit einem wahnsinnigen Flow, der nicht wie bei vielen anderen vom Tempo, sondern von der fast gesungenen Betonung lebt. Die Arrangements drängen sich dabei nie in den Vordergrund, sondern lassen ihm den Freiraum, den er für seine starke Message braucht. Alles andere als ein Affenarsch, dieser Lemur.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Die Rache der Tiere
- Sterben
- Highlander
Tracklist
- Geld
- Die Rache der Tiere
- Ballast
- Sterben
- VIP-Lounge
- Wolfsburg
- Highlander
- Reinsteigerchampionsleague (feat. Marten McFly)
- Dazugehirn (feat. Nazz)
- MMV
- Montagophobie
- Batterie
- Sonne (feat. FairS)
- Der Aksel
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Armin
2017-01-23 20:56:56
Lemur: Videopremiere zu "Sterben" auf 16bars.de
"Wir alle werden sterben" - die einzige Sicherheit in unser aller Leben berappt und besingt der Wahlberliner Rapper Lemur in seiner neuen Single "Sterben". Die fröhliche Hymne auf den letzten Abgesang des Lebens wird durch ein humoristisches Video von Max Hammel (infamous.at) begleitet, das soeben auf 16bars.de Premiere feierte. Das Video setzt die im letzten Doppelvideo "MMV/Ballast" erzählte Storyline fort. Alle drei Songs sind auf Lemurs neuem Album "Die Rache der Tiere" zu finden, das am Freitag, den 27. Januar, über das Label Kreismusik veröffentlicht wird.
Zum Video:
"Die Rache der Tiere" ist das zweite Solo-Album von Lemur, der vielen als Frontmann seiner ehemaligen Rap-Crew Herr von Grau bekannt ist. Die Beats wurden alle von Lemur selbst produziert. Gastauftritte kommen von Nazz, FairS und Marten McFly.
Tracklist:
01 Geld
02 Die Rache der Tiere
03 Ballast
04 Sterben
05 VIP-Lounge
06 Wolfsburg
07 Highlander
08 Reinsteigerchampionsleague (feat. Marten McFly)
09 Dazugehirn (feat. Nazz)
10 MMV
11 Montagophobie
12 Batterie
13 Sonne (feat. FairS)
14 Der Aksel
"Die Rache der Tiere"-Tour führt Lemur ab Mitte Februar in insgesamt neun Städte. Die Termine seht ihr hier:
15.02.2017 Rostock Helgas Stadtpalast
16.02.2017 Hamburg HÄKKEN
17.02.2017 Hannover Kulturzentrum Faust (Mephisto)
18.02.2017 Würzburg B-Hof
19.02.2017 Kassel Panoptikum Club
21.02.2017 Bochum Bahnhof Langendreer
22.02.2017 Wiesbaden Schlachthof
23.02.2017 Nürnberg Club Stereo
24.02.2017 Dresden Groovestation
26.02.2017 Berlin BI NUU
Die Sache der Türe
2017-01-19 18:01:15
lauter (und auch leise) starke Storys aus dem (Innen)leben eines Lemurs, und immer bevors peinlich oder pathetisch werden könnte, mit lemurischem Wortwitz abwechselnd mal die kluge und mal die ironische Kurve gekratzt bzw. Türe gefunden. Musikalisch spannend, spielt irgendwo Akkordeon... cool!
Armin
2017-01-18 22:02:36
Frisch rezensiert.
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