Klez.E - Desintegration

Staatsakt / Caroline / Universal
VÖ: 13.01.2017
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Vom Feuer der Narben

Subtilität umkreiste bisher stets den Werdegang von Klez.E. Vieles, wenn nicht sogar alles, blieb wage und nicht explizit ausformuliert, sodass lediglich die groben Eckpfeiler ihres Schaffens ermittelt werden konnten. Der sieben Jahre alte Vorgänger "Vom Feuer der Gaben" rückte beispielsweise mithilfe von sakralem Post-Pop das Innere in den Fokus. Und "Flimmern" ließ durch seine artifizielle Ausrichtung so unfassbar viel interpretatorischen Spielraum, der aber auch einfach gekonnt werden ignoriert konnte, um sich schlichtweg vom entrückten Zauber in eine andere Welt katapultieren zu lassen.

Mit all der Mystik ist nun endgültig Schluss. Der Albumtitel "Desintegration" schafft es gar, mit nur einem einzigen Wort die beiden Pole klar zu definieren, die Klez.E textlich und musikalisch derzeit ausmachen. Damit schütteln die Berliner unmissverständlich direkt zu Beginn ihr altes, bedeutungsschwangeres Gewand ab, ohne dass überhaupt ein Ton erklungen ist. Und auch die konkreten Gegenstände sollten selbst demjenigen sofort ersichtlich sein, der sowohl das aktuelle Tagesgeschehen als auch eingestaubte, aber einflussreiche Kunstwerke grundsätzlich meidet.

"Desintegration", das spielt unverblümt auf The Cure's 1989er-Meisterwerk "Disintegration" an. Es umfasst zugleich auf inhaltlicher Ebene das, was sich wohl am besten mit den Schlagworten System- und Gesellschaftskritik umschreiben lässt. Anstatt Missstände in verblümte Metaphern zu verpacken, spricht Tobias Siebert, Galionsfigur und zugleich laut Presseschreiben der "Chris Walla Deutschlands", diese unumwunden an, wie beispielsweise im Opener: "Draußen vor den Mauern / Fängt es an, sich zu bewegen / Da steht der Dummheit bester Freund / Er zeigt Flagge mit der Hand." Gleichzeitig erzählt er vom Erwachsenwerden im Osten der Republik und spannt somit einen Bogen zwischen Vergangenheit und Gegenwart.

Die gesellschaftskritischen Texte werden dabei in einen düsteren 80er-Sound gehüllt, der ebenfalls weitaus direkter zu Werke geht, als dies bisher der Fall war. Drum-Computer, präsente Bass-Linien und Keyboards &ndash alles ist bis auf das Nötigste reduziert, sodass die Zeilen den notwendigen Raum erhalten. Sphärische Klänge? Fehlanzeige. In der Gesamtwirkung erstrahlt dieser Post-Punk jedoch mindestens genauso druckvoll wie die Vorgänger. Vielmehr agieren Klez.E durch die angestaute und nun freigelassene Wut sogar nun fast schon bedrohlich. Damit erfinden sie sich selbst neu und bezaubern insbesondere durch die Fähigkeit, die nebulöse Vergangenheit aufzulösen und ihren Zorn der Welt unvermittelt entgegen zu schmettern.

(Christian Laude)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Mauern
  • Flammen

Tracklist

  1. Mauern
  2. Flammen
  3. Nachtfahrt
  4. November
  5. Schwarz
  6. Lobbyist
  7. Drohnen
  8. Requiem
Gesamtspielzeit: 37:24 min

Im Forum kommentieren

Eurodance Commando

2017-08-24 13:29:45

Die Rezi ist leider tatsächlich wenig gelungen. Das Album hat so viel zu bieten, sei es instrumental oder lyrisch, da merkt man schon an der reinen Länge der Rezi, dass dem Autor sich entweder keine Mühe gegeben hat oder ihm nicht viel eingefallen ist.

Gomes21

2017-03-20 11:36:57

Dass das Konzert in Köln ausverkauft sein sollte kam mir irgendwie vor Ort nicht wirklich so vor... komisch.
Das Konzert war aber auch absolut fantastisch, lange und überraschenderweise sogar vom Sound gut trotz beschissener Location.

Einzig Herr Siebert übertreibt es für meinen Geschmack ein bisschen mit der The Cure Hommage. Das kommt ja musikalisch shcon unüberhörbar durch, die dazugehörige Optik wirkte doch ein bisschen erzwungen.

Aber klasse Konzert!!

Zu faul zum Anmelden

2017-03-20 11:00:03

Nach diversen Hördurchläufen und dem leider eher mager besuchten Konzert in Bremen muss ich sagen: Ich bin begeistert!
War ich anfangs von der extrem großen Nähe zu The Cure etwas irritiert, fühle ich mich nun pudelwohl in diesem Sound. Wobei – was heißt "pudelwohl"? Die Beklemmung und die Wut in den Texten vereint sich kongenial mit der Musik. Und genau da wollte Siebert hin.
Dass er auf den Konzerten den Robert-Smith-Impersonator mimt, wirkt auch zunächst irritierend-komisch. Aber dann kann man sich fallen lassen und historisches nachholen; nämlich The Cure live 1982 sehen.

neutral

2017-03-10 10:37:18



Wenn du auf deutschen Indierock stehst, sollten dir eigentlich die alten Platten gefallen, wenn du dich mit seinem Gesang arrangieren kannst

Mir gefällt ja die Platte leider nicht bin aber auch kein wirklicher Fan von The Cure. Live waren ich die Songs allerdings besser. Die älteren Songs werden ziemlich abgeändert vorgetragen, das ist die Ähnlichkeit zu den Aufnahmen kaum vorhanden.

Affengitarre

2017-03-09 21:54:28

@Banana Ja, vielleicht. :D Kenne keines der vorangegangenen Alben und weiß nicht, ob sie mich ansprechen würden. Vielleicht mal antesten.

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