Brian Eno - Reflection
Warp / Rough TradeVÖ: 01.01.2017
Ohr nach innen
Über die Verdienste von Brian Eno für die instrumentale Musik muss nicht mehr viel geschrieben werden. Der Mann hat sich seinen Platz im Pantheon des Pop längst verdient. Müde oder gar unproduktiv wird er deshalb aber noch lange nicht. Nur wenige Monate nach seinem eher zugänglichen Werk "The ship" erscheint nun mit "Reflection" ein lupenreines Ambient-Album. Es enthält genau einen Track, welcher ganze 54 Minuten umspannt. Während dieser knappen Stunde passiert eigentlich überhaupt nichts. Töne tröpfeln in unendlicher Langsamkeit aus den Lautsprechern. Variationen finden derart subtil statt, dass man ganz genau hinhören muss, um sie ausfindig zu machen.
Ein überflüssiges Stück Muzak also? Nur, wenn man Enos Anspruch falsch interpretiert. Der Kahl- und Querkopf macht Musik, die man bewusst hören kann, aber nicht muss. "Reflection" ist kein Album für das Wohnzimmer, sondern für einen Waldsee. Oder einen Supermarkt, je nach Geschmack und Wetterlage. Hier ist weniger nicht mehr, sondern genug. Enos feines Händchen für ebenso unaufdringliche wie einprägsame Klangfarben ist auf seinem neuen Werk endlich wieder griffsicher. Synthesizern mit nur wenigen Tastenkontakten Leben einzuhauchen, ist seit über vier Jahrzehnten Enos Alleinstellungsmerkmal. Auf "Reflection" findet er nach den teils wirren, teils grandiosen Experimenten der letzten Jahre wieder zu sich selbst. Anstatt den Hörer mit komplexer Polyphonie vor Herausforderungen zu stellen, überlässt Eno diesmal die Musik dem Zufall. Nur grob ist die Richtung vorgegeben, das Prinzip lautet: Variation und Iteration.
Das kann und darf man selbstverständlich sterbenslangweilig finden. Wer den Frickel-Eno sucht, ist hier definitiv am falschen Ort. Auf "Reflection" ist er wieder ganz der exzentrische Einsiedler, der er wurde, als er seinerzeit Roxy Music den Rücken kehrte. Die Suche nach dem geringstmöglichen Sound ist noch lange nicht zu Ende. Kaum erkennbar blickt der Musiker auf dem Cover aus dem Schatten, so als ob er sagen wollte: "Wenn Ihr mich nicht erkennt, ist es auch nicht so schlimm. Aber ich bin da." Das gleiche gilt für seine Musik: Wenn Ihr sie nicht bemerkt, ist es nicht so schlimm. Aber sie ist da. Hoffentlich noch eine ganze Weile.
Highlights & Tracklist
Highlights
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Tracklist
- Reflection
Im Forum kommentieren
LoarsWoars
2017-01-19 08:15:33
Hab die Platte bisher zwei Mal durchgehört. Schön entspannend und echt hörenswert.
Armin
2016-12-22 21:10:09
Frisch rezensiert.
Meinungen?
Armin
2016-11-17 20:31:15
Brian Eno
'Reflection'
VÖ: 01. Januar | Warp Records
'Reflection', welches am 1. Januar 2017 das neue Jahr einläuten wird, bildet das jüngste Werk in einer langen Serie von Werken Brian Enos und erscheint via Warp Records. Die Serie hat ihren Ursprung 1975 mit 'Discreet Music'. Oder doch 1973 mit dem ersten Fripp und Eno Album? Vielleicht sogar schon 1965, als Eno sein erstes Stück an der Ipswich Art School schrieb - Aufnahmen eines Metall-Lampenschirms, die auf die Hälfte und ein Viertel der Geschwindigkeit verlangsamt und übereinander gelegt wurden. Jedenfalls ist 'Reflection' fest im Eno-Kosmos verankert.
Der Künstler sagt hierzu: "Anyway, it’s the music that I later called ‘Ambient’. I don’t think I understand what that term stands for anymore - it seems to have swollen to accommodate some quite unexpected bedfellows - but I still use it to distinguish it from pieces of music that have fixed duration and rhythmically connected, locked together elements."
Das neue Werk beinhaltet Teile von 'Thursday Afternoon', 'Neroli' (mit dem Untertitel 'Thinking Music IV') und des Grammy nominierten 'LUX'. Die Art dieser Werke beschreibt Eno als 'thinking music', als Musik zum Nachdenken. Sie bieten Raum für innere Monologe und fordert geradezu zum Nachdenken auf.
"Reflection is so called because I find it makes me think back. It makes me think things over. It seems to create a psychological space that encourages internal conversation. And external ones actually - people seem to enjoy it as the background to their conversations. When I make a piece like this most of my time is spent listening to it for long periods - sometimes several whole days - observing what it does to different situations, seeing how it makes me feel. I make my observations and then tweak the rules. Because everything in the pieces is probabilistic and because the probabilities pile up it can take a very long time to get an idea of all the variations that might occur in the piece. One rule might say ‘raise 1 out of every 100 notes by 5 semitones’ and another might say ‘raise one out of every 50 notes by 7 semitones’. If those two instructions are operating on the same data stream, sometimes - very rarely - they will both operate on the same note…so something like 1 in every 5000 notes will be raised by 12 semitones. You won’t know which of those 5000 notes it’s going to be. Since there are a lot of these types of operations going on together, on different but parallel data streams, the end result is a complex and unpredictable web." - Brian Eno
Brian Eno
Reflection
WARP280
Total runtime: 54:00
http://brian-eno.net
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