The Wave Pictures - Bamboo diner in the rain

Moshi Moshi / [PIAS] Cooperative / Rough Trade
VÖ: 11.11.2016
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Brillante Blödel

Der Autor Ralph Ellison beschrieb einst den Blues als "an autobiographical chronicle of personal catastrophe". Im Falle von The Wave Pictures, der britischen Rock-Combo, die inzwischen stolze 18 Jahre Bandgeschichte auf dem Buckel hat, besteht diese persönliche Katastrophe eben darin, dass der lokale Billard-Schuppen dicht macht. Mit einem guten Schuss trockenem Humor und pathetischen Alltagsbetrachtungen nähern sich die Drei dem Bluesgenre auf ihrem nunmehr fünfzehnten Studioalbum "Bamboo diner in the rain".

David Tattersall, Franic Rozycki und Jonny Helm interpretieren den Blues dabei in seinen verschiedenen Facetten und Subgenres, wie sie es schon auf den Vorgängeralben "Great big flamingo burning moon" und "City forgiveness" getan haben. So bewegen sich die Songs zwischen schunkelnd-spilunkigem Sound auf der einen und rifflastig-reduziertenTracks auf der anderen Seite und sparen nicht an Referenzen. Schon der Opener "Panama hat" lupft selbigen in Richtung E-Gitarren-Titan Link Wray, so schön rostig wabert das Tremolo dahin. Das darauffolgende "I want to hoover my brain clean" ebenso wie "H.D. rider" und das Instrumentalstück "Newcastle rain" erinnern stark an Junior Kimbrough und seine Jünger, die Black Keys. Um nicht zu sehr im Amp-Gefrickel abzusumpfen, sorgt das feine kleine Akustikstückchen "Meeting Simon at the airport" für willkommene Abwechlung, genau wie der Titeltrack, der beim Gechilltheislevel irgendwo zwischen Jack Johnson und dem "Piña Colada Song" rangiert.

Das wirklich Grandiose sind aber – neben der sehr überzeugenden Gitarrenarbeit von Tattersall – die Texte, die so schön ironisch und lapidar daherkommen, dass man sich das Schmunzeln an manchen Stellen nicht verkneifen kann. Da wird auf "Newcastle rain" minutiös eine absurde Nachtszene beschrieben: "On cigarette-smoked corners we kissed / Crocodile tooth kisses / There was a dwarf on the mantlepiece / Playing an accordeon / Why would you buy something like that?" Auf dem eingangs erwähnten "Pool hall" wird das bald verlorene Paradies der Spielhalle mit soviel ernsthaftem Pathos transportiert, wie es zuletzt Art Bruts Eddie Argos mit Erektionsproblemen und der Wahl seiner Hosen tat. "Did you know / They're closing down the pool hall / Did you know / They're turning it into flats / Did you know / They're closing down the pool hall / There's nothing that you can do about that", nölt Tattersall ins Mikrofon. Statt sich wie viele zeitgenössische Bluesbands im immergleichen Themensumpf aus Männlichkeit, Alkohol und Depressionen zu wälzen, verpassen The Wave Pictures dem Genre auch auf ihrer neuen Platte wieder einen schön selbstironischen Anstrich. Wollte man eine Party für Morrissey-Fans und John-Lee-Hooker-Verehrer schmeißen – "Bamboo diner in the rain" wäre der ideale Soundtrack, um Pollunder und Lederjacken in schunkelndem Frohsinn zu vereinen. Zumindest für einen Abend.

(Martina Bähring)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Panama hat
  • Pool hall
  • H.D. rider

Tracklist

  1. Panama hat
  2. Now I want to hoover my brain clean
  3. Bamboo diner rag
  4. Hot little hand
  5. H.D. rider
  6. Newcastle rain
  7. Pool hall
  8. Meeting Simon at the airport
  9. Bamboo diner in the rain
  10. The running man
Gesamtspielzeit: 46:22 min

Im Forum kommentieren

Lichtgestalt

2016-12-29 18:49:05

Das hier kommt live immer gut:

The Ropes

Lichtgestalt

2016-12-29 18:17:28

Wie immer super (war mein drittes TWP-Konzert).
Viel Gegniedel halt, aber gekonnt. :3

Master

2016-12-29 08:36:28

Und wie war es? (Das Konzert)

Lichtgestalt

2016-12-11 22:35:20

Tolles Album, schöne Rezi.
Dienstag geht es zum Konzert!

Armin

2016-12-11 22:31:54

Frisch rezensiert.

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