Surrogat - Hell in hell

Motor / Universal
VÖ: 10.02.2003
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Highway to hell

Wieso sucht Deutschland eigentlich den Superstar, wenn es doch schon einen hat? Patrick "Größer als Gott" Wagner weiß ganz genau, wer diesen Titel wirklich verdient: er selbst. Passend dazu geht er mit Surrogat den Weg, der bereits mit dem Vorgängeralbum "Rock" eingeschlagen wurde, auf "Hell in hell" schnurstracks ins Stadion weiter. Damals opferte man die vertrackten Gitarren dem straighten Riff direkt ins Gesicht. Im allgemeinen Retro-Wahn erkannten Surrogat nun offenbar, daß sie AC/DC sind. Und auf der Suche nach dem Schulranzen hat man in den nächsten 40 Minuten genug Zeit, um zu erforschen, ob dieser neue Wandel genial oder grausam ist.

Daß Indie für Surrogat vorbei ist, zeigt nicht nur die Abkehr von der schrägen Gitarrenmusik der Frühzeit. Diesmal wurde der Release bereits seit Wochen durch quietschbunte Banner - alles strikt in schwülem Pink, mit martialischer Symbolik und eisernem Kreuz - vorbereitet. Corporate Design nennt man das wohl. Dann noch ein Video mit Knastbruder René Weller - nicht nur musikalisch wird geklotzt. Surrogat on top. Polarisieren tut Not. Größenwahn ist geil.

Der Slogan ist denn auch das vorherrschende Textmittel. Vieles kennt man auch schon aus den einschlägigen Werbeschaltungen: "Sex und Drugs und Eigenheim." - "Rausch, Wahnsinn, Maßlosigkeit." Man weiß, wo der Feind sitzt ("Ich hasse meine Generation", "Die Leute sehen nach wie vor nach D-Mark aus"). Es wird geliebt und gehaßt - und immer zu einhundert Prozent. Das ist mal gut, mal weniger gut gelungen. Ehrlich scheint es allemal zu sein; man setze sich nur einmal der Vehemenz aus, die einem hier entgegen geschleudert wird. "Wir sind immer oben / Und wenn wir unten sind, ist unten oben."

Wäre da eben nicht die Musik, die sich stellenweise in schlockigen Riffs und überlebtem Gehabe verliert. Hatte man sich nicht genau deswegen vom Schweinerock abgewandt, um zu sehen, ob da nicht mehr jenseits der Dorfdisco zu finden ist? Das kann man natürlich als gezielte Provokation gegen das Indie-Spießertum werten. Doch jenseits aller Statements verheddert sich die Ironie eben doch in der zwiespältigen musikalischen Umsetzung. Der Schritt in die Untiefen des Asi-Rocks erscheint nicht nur als gewagter Schritt, sondern entpuppt sich als Fußangel. "Hell in hell" stochert in unsicherem Gewässer, und es beschleicht einen die Angst, demnächst auf Surrogat-Gigs neben Nackenmatten schüttelnden Schnauzbärten stehen zu müssen.

(Gerd Bezold)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Hell in hell
  • Love baby
  • On top

Tracklist

  1. Hell in hell
  2. Gott AG
  3. Unantastbar
  4. Meine Generation
  5. SOS
  6. Gang into the groove
  7. Love baby
  8. On top
  9. Chance 2002
  10. Ein Zerfall
  11. Alles ist
Gesamtspielzeit: 40:40 min

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