Saint Leonard's Horses - Good luck everybody

Xtra Mile / Indigo
VÖ: 14.10.2016
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Im Sattel

Die Touren mit The Libertines, Ryan Adams und Billy Bragg gingen irgendwann zu Ende, ohne den großen Durchbruch nach sich zu ziehen. Kurz darauf verabschiedete sich auch noch die langjährige Freundin. Wo andere den Kopf in den Sand stecken würden, begann für Kieran Leonard eine sagenhafte Reise mit schier unglaublichen Stationen. Da wären unter anderem Jim Morrisons Meditationspyramide am Mulholland Drive, eine Konfrontation mit einem Drogenlord in Tijuana, die Unterzeichnung des Plattenvertrags am Grab von William Blake, die Hochzeit von Father John Misty. Seit einer nicht näher bekannten transzendentalen Erfahrung am Joshua Tree nennt sich der Alt-Folk-Musiker Saint Leonard. Wann sich die Pferde zum kompletten Künstlernamen Saint Leonard's Horses dazugesellten, ist zwar nicht überliefert, fällt aber auch nicht ins Gewicht. Denn schon so war die Story abgefahren-psychedelisch genug, damit der Enkel von Stanley Kubrick Leonard einlud, "Good luck everybody" im Haus der Regie-Legende aufzunehmen. Das Resultat kanalisiert nicht nur eindrucksvoll Stimmung und Referenzen der Entstehungsgeschichte, sondern auch einen besser zu den düsteren, vernebelten Klangwelten passenden Aufnahmeort könnte man sich nicht vorstellen.

Wie frech sich Saint Leonard vom Opener "Well well well" an der Stilmittel aus Folk, Americana und Psychedelic Rock bedient, es dabei allerdings versteht, aus den Versatzstücken etwas Eigenes zu kreieren, beweist nicht zuletzt das Glanzstück "Spooky lover". Das treibende "Rise up" handelt zwar von Zweifeln und Unsicherheit, drückt jedoch auch anhand des lässig dahergesagten "I have reason to believe I am the man of your dreams" Leonards überbordendes Selbstverständnis aus. Ein Widerspruch, von dem auch der ungewöhnlich zärtliche Abschluss "The ever open door" lebt, der innerhalb von zwei resigniert vorgetragenen Zeilen unmissverständlich klarstellt, mit was für einem idiotischen und zerrissenen Poeten man es zu tun hat: "Cause everything you try to hide / Is everything that makes you shine." Heller scheint die Sonne auf diesem meist melancholischen und teils depressiven Album kaum.

Dafür ist genug Platz für abgedrehte Visionen. James Joyce, Charlie Chaplin und Stanley Kubrick schweben da beispielsweise durch "Little girl scientist" und "Goddess of electric gold", während das mysteriöse "The strangelove hotel suite" gar eine Art musikalische Adaption des Hotels aus "Shining" darstellt. "A muse" zeigt besonders deutlich die stimmliche Nähe zu Eddie Vedder, "Hell & high water" hingegen verneigt sich nicht zuletzt mittels Mundharmonika vor Bob Dylan und verzichtet außerdem im Gegensatz zu "1969 revisited" auf die Steigerung in eine psychedelische Lärmorgie, die sich häufig in die restlichen Songs einschleicht. So wird "Good luck everybody" zwar zu einem atmosphärisch dichten, aber dennoch facettenreichen Album. Wer Saint Leonard wegen all der tragischen Geschichten nun für einen gebrochenen Typen hält, dem schmettert er sarkastisch "Tell me darling / Do you think I'm tragic now" entgegen, bevor sich wie aus dem Nichts ein überlebensgroßer Refrain aus "Long John Silver" herausschält. Egal, wohin es einen verschlägt, ob in die Wüste, auf einsame Landwege oder in den Berufsverkehr – wenn man mit Saint Leonard auf eines seiner Pferde aufspringt, macht man sicher keinen Fehler.

(Marcel Menne)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Long John Silver
  • Rise up
  • Spooky lover
  • The strangelove hotel suite

Tracklist

  1. Well well well
  2. Long John Silver
  3. Rise up
  4. Spooky lover
  5. Little girl scientist
  6. Goddess of electric gold
  7. A muse
  8. The strangelove hotel suite
  9. Hell & high water
  10. 1969 revisited
  11. Underwoog milk
  12. The ever open door
Gesamtspielzeit: 52:05 min

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Armin

2016-11-16 21:24:26

Frisch rezensiert.

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