Natalie Ofenböck & Der Nino Aus Wien - Das grüne Album - Wiener Reise durch die Steiermark

Problembär / Rough Trade
VÖ: 28.10.2016
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Leiwand

Bist deppat? Wer schon einmal mit Österreichern zu tun hatte, kennt diese rhetorische Frage. Sie ist vielseitig einsetzbar und eignet sich beispielsweise hervorragend dazu, Mitmenschen die Sinnlosigkeit ihres Tuns vor Augen zu führen. Nino Mandl, der unter dem Pseudonym Der Nino Aus Wien firmiert, und seine Gefährtin Natalie Ofenböck sind nicht nur Österreicher, sondern - Überraschung! - Wiener. Der Schmäh liegt ihnen also im Blut. Als Krixi, Kraxi Und Die Kroxn ließen sie vor einigen Jahren bereits aufhorchen. Nun sind sie zurück, diesmal auf Forschungsreise. Raus aus der Großstadt, rein in die Provinz. Die beiden Künstler begaben sich auf musikalische Entdeckungstour in die Steiermark. Im Gepäck: Gitarre und Notizblock, vier offene Ohren und jede Menge Mut zur Abseitigkeit.

Das Ergebnis dieses Trips hört auf den schönen Namen "Das grüne Album - Wiener Reise durch die Steiermark" und ist ein wildes Sammelsurium aus Volksmusik, Austropop und verschiedener Spielarten des Rock. Jeder Song entspricht dabei einem eigenen Mikrokosmos. Einend wirken die beinahe kindliche Experimentierwut und die herrlich schrägen Texte. Die Bandbreite reicht hierbei von zuckrig-klebrigen Fressattacken in der "Konditorei" bis hin zu düsteren Meditationen über das Trinken, die in "A oage Gschicht" ausgebreitet werden. Die Stimmen der beiden Songwriter harmonieren dabei ausgezeichnet, was sich beispielsweise in dem zu Tode betrübten Chanson "Hotel über der Taverne" bewundern lässt.

Ganz andere Töne werden im "Aufwachlied" angeschlagen: Zu entfesselt dargebotenen Akkordeonklängen begrüßt das Duo den neuen Tag mit Schwung und Schalk im Nacken. Das mag für ungeübte Ohren reichlich bekloppt klingen, wer sich aber auf die spinnerten Alpenländer einlässt, wird reich belohnt. Das Kunststück, auf eine wüste Soundcollage und einen Postrock-Song ein zartes Volkslied folgen zu lassen, muss ihnen erst einmal jemand nachmachen. Dieses Trio aus "Bad Radkersberg", "Vulkanland" und "Auf nach Graz" bringt auch auf den Punkt, worum es dem Nino und der Natalie geht: Sie wollen das tun, worauf sie Lust haben, ohne Kompromisse. Stilistische Grenzen existieren nur auf dem Papier.

Was böse ins Auge hätte gehen können, ist rundum gelungen. Zu keiner Sekunde wird "Das grüne Album" langweilig. Mal sitzt man fassungslos schmunzelnd da, mal steigen Tränen der Rührung in die Augen. "Jeder kann Harmonika spielen, nur wir nicht", kalauern die beiden im Opener "Harmonika Rap" – weshalb viele der volksmusikalischen Elemente von steirischen Musikern eingespielt wurden. Besonders eindrücklich ist hier das nur mit ein paar Zithertönen auskommende "Wüst wos" geraten. Nach Wanda, Bilderbuch und Voodoo Jürgens also der nächste Chartstürmer aus der Alpenrepublik? Wohl eher nicht, denn trotz aller Einprägsamkeit der Musik fehlt der breitenwirksame Gestus. Dafür gibts Charme, Witz und Kreativität in Hülle und Fülle. Natalie Ofenböck & Der Nino Aus Wien sind alles Mögliche. Nur deppat, das sind sie auf keinen Fall.

(Christopher Sennfelder)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • A oage Gschicht
  • Aufwachlied
  • Hotel über der Taverne
  • Vulkanland
  • Wüst wos

Tracklist

  1. Harmonika Rap
  2. Klapotetz
  3. A oage Gschicht
  4. Aufwachlied
  5. Konditorei
  6. Mischung
  7. Sekunden
  8. Hotel über der Taverne
  9. Bad Radkersburg
  10. Vulkanland
  11. Auf nach Graz
  12. Der Bürgermeister
  13. Grenzmoor
  14. Wüst wos
  15. A schena Tog
Gesamtspielzeit: 46:27 min

Im Forum kommentieren

Loketrourak

2016-12-01 10:32:34

Nich zu vergessen als die Legende

Krixi, Kraxi und die Kroxn

Wir gehen jeden Tag zum Psychiater und wir gehen jeden Tag in den Prater.

Autotomate

2016-12-01 09:27:14

Tod und Teufel, oh mein Gott & ach du Scheiße!

antibazi

2016-12-01 08:51:34

Weiß jemand, wie man in DE an die Buch-Version kommt mit Budget 20€ (inkl. Versand)?

noja

2016-11-28 12:51:44

entscheidend ist allein die musik, sonst nix ;-)

Olaf

2016-11-28 12:17:04

Ja, ich würd wohl mehr vergeben, aber bemäkeln will ich das jetzt nicht.
Ich find Punkte bei Plattentests eh nicht so aussagekräftig, da ist der Text doch entscheidender. ;)

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