
Dark Tranquillity - Atoma
Century Media / SonyVÖ: 04.11.2016
Zweifellos routiniert
1989 als Schülercombo gegründet, folgte die erste Platte im Jahr 1993: Auf einem Weg, der zwar durchaus stilistische Korrekturen beinhalten sollte, auf lange Sicht allerdings weitgehend konsequent beschritten wurde, und der die Band gar als Mitgründer eines ganzen Genres etablieren sollte. Eigentlich gibt es keinen Grund, warum Dark Tranquillity nicht vor Selbstbewusstsein strotzen sollten. Die viel zitierte dicke Hose jedoch ist etwas, was den Schweden schon immer fremd war. Und insbesondere Sänger und Haupt-Songschreiber Mikael Stanne scheint immer wieder von Selbstzweifeln zerfressen zu sein, was bekanntermaßen vor dem letzten Album "Construct" in einer veritablen Schreibblockade endete.
Skepsis und Zukunftsängste sind laut Stanne auch das vorherrschende Thema, das sich durch "Atoma" ziehen soll. Doch von Orientierungslosigkeit ist zunächst keine Spur. Ganz im Gegenteil. Denn "Encircled" donnert souverän drauflos, garniert durch eine feine Melodieline, die anfangs per Keyboard, später im Gitarrensolo dem Song Struktur gibt. Beim folgenden Titeltrack zeigt sich allerdings, dass das offenbar eher als Aufwärm-Übung zu verstehen war. Selten ist der Band eine Hook gelungen, die sich dermaßen feinsinnig ins Gehör und ins Gehirn fräst, selten konnte der Frontmann derart durch Klargesang überzeugen, nur um diesen umgehend brutal niederzukeifen.
Ähnliches gilt für "Forward momentum", bei dem sich der Fünfer weit entfernt von den Death-Metal-Wurzeln früherer Tage zeigt, diese allerdings durch feinen Dark Metal ersetzt. Bevor jedoch die Fraktion, die schon seit diversen Alben eine gewisse Verweichlichung unterstellt, schon wieder Schaum vor dem Mund hat, reißen Eruptionen wie "Neutrality" und vor allem das hemmungslos ausrastende "The pitiless" tiefe Schneisen in jeden Moshpit. Oder um es in die örtliche Nachbarschaft zu verlegen: Lange waren die Göteborger nicht so dicht an At The Gates und so weit von In Flames entfernt. Bedächtig-doomige Momente wie bei "Force of hand" oder "Merciless fate" sind da erst recht das Salz in der Suppe. Wenn wir schon bei der kulinarischen Metapher sind: Wer intensiv sucht, mag eventuell ein kleines Haar in selbigem Gericht finden und sich darüber mokieren, dass im Mittelteil nicht immer alles zündet. Wie so oft liegt auch dies im Auge des Betrachters: Ja, die ein oder andere Struktur kommt bekannt vor, doch angesichts des furiosen Beginns darf dies gerne verblassen.
Mal ganz davon ab, dass der furiose Schlusstrack ohnehin für jegliche Krittelei entschädigt. Natürlich muss sich hier der Vergleich mit In Flames aktuellem Wurf "Battles" aufdrängen, wenn denn schon zwei in derselben Stadt beheimatete Bands aus dem selben Genre kurz hintereinander Platten veröffentlichen. Und diesen direkten Vergleich gewinnen Dark Tranquillity ganz eindeutig. Mehr noch: Ihnen ist es mit "Atoma" eindrucksvoll gelungen, Routine und ungestüme Spielfreude zu verbinden. Natürlich sind Stannes Selbstzweifel mehr als PR-taugliche Koketterie. Aber im Fall von "Atoma" darf er diese als unbegründet zu den Akten legen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Atoma
- Forward momentum
- Merciless fate
- Caves and embers
Tracklist
- Encircled
- Atoma
- Forward momentum
- Neutrality
- Force of hand
- Faithless by default
- The pitiless
- Our proof of life
- Clearing skies
- When the world screams
- Merciless fate
- Caves and embers
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La boum
2016-11-18 13:31:54
Fett
Armin
2016-11-16 21:21:53
Frisch rezensiert.
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