Sleigh Bells - Jessica Rabbit

Lucky Number / Rough Trade
VÖ: 11.11.2016
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Im Krachkoma

Zum vierten Mal nun läuten Alexis Krauss und Derek E. Miller, dieses ungleiche Duo, festlich die lärmenden Glocken. Als Sleigh Bells mischen die beiden in Brooklyn lebenden Musiker seit 2008 süßliche R'n'B-Vocals unter verchromten, krachigen Gitarren-Noise, der nicht selten Schmerzgrenzen überschreitet. Die dabei enstehende Melange galt zunächst, also noch zu Zeiten des Debüts "Treats", als der Sound der Stunde. Nur hierzuseits zeigte man sich bezüglich der musikalischen Qualität des Doppels stets bedeckt. Vielleicht zurecht: Sleigh Bells kennen lediglich eine Richtung (vorwärts), ein Lautstärke (extrem laut) und eine Stimmung (hysterisch). Zusammen genommen bedeutet das für ihre vierte Platte "Jessica Rabbit" nur wenig Gutes – also Mittelmaß.

Dabei können einige Stücke für sich genommen durchaus überzeugen, insbesondere im gelungenen Albumauftakt. Hier beweisen Miller und Krauss ihr Gespür für feine Melodien, die sie hernach mit allerhand Spiel- und Werkzeug noch herrlich verunstalten. Nichtsdestotrotz stellen sich auf lange Sicht nicht selten Ermüdungserscheinungen ein, bei all den ungezügelten Gitarrenkapriolen, der zwar schönen, aber eben auch irgendwie anstrengenden Stimme der Frontfrau, der mangelnden Abwechslung und Variation. Dass sie auch andere Nuancen beherrschen, beweist das smoothe "I can only stare", bei dem die Gitarrenwand mal abgebaut wird und der restlichen Instrumentierung ein wenig Luft zum Atmen bleibt.

Was Sleigh Bells auf der einen Seite mit viel Fingerspitzengefühl errichten, reißen sie mit dem Hinterteil jedoch schnell wieder ein: "Throw me down the stairs" ist streng genommen nichts anderes als stumpfer, bemühter NuMetal, der beständig an den leidenden Nervenenden knabbert. Und auch das folgende "Unlimited dark paths" bollert sich vollkommen uninspiriert durch eine Electrorock-Ödnis. Solche Nummern erinnern auf eher unangenehme Weise an Die Happy oder Guano Apes und führen dazu, dass man sich ganz besonders fest auf die Zähne beißen muss.

Gegen Ende sticht das lässige "Hyper dark" heraus: Hier bemühen sich Sleigh Bells um einen glasklaren, kristallinen Sound, klingen dabei wie eine rockige Version von FKA Twigs und überraschen in diesen gut drei Minuten positiv. Doch auch nach diesem gelungenen Stück dreht das Duo wieder komplett am Rad und lässt mit dem Rauswerfer "As if" einen nervtötenden Genre-Hybriden auf den Hörer los, der Metalcore, Schlumpfstimmen und Boller-Techno unter einen Hut zu bekommen versucht. Was ihnen zwar gelingt, dem Hutträger dafür aber mächtig Schädelbrummen bereitet. Hat hier irgendjemand eine Kopfschmerztablette?

(Kevin Holtmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • I can only stare
  • Hyper dark

Tracklist

  1. It's just us now
  2. Torn clean
  3. Lightning turns sawdust gold
  4. I can't stand you anymore
  5. Crucible
  6. Loyal for
  7. I can only stare
  8. Throw me down the stairs
  9. Unlimited dark paths
  10. I know not to count on you
  11. Rule number one
  12. Baptism by fire
  13. Hyper dark
  14. As if
Gesamtspielzeit: 34:10 min

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Armin

2016-11-09 21:02:33

Frisch rezensiert.

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