Empire Of The Sun - Two vines

EMI / Universal
VÖ: 28.10.2016
Unsere Bewertung: 4/10
4/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Tarzan und Fame

Wenn man Zuckerwatte, Synthesizer und viel Dekomaterial in die Schlagdistanz eines entlegenen Wasserfalls wirft, stehen die Chancen nicht schlecht, dass das Resultat klingt wie der Soundentwurf, den Empire Of The Sun seit mittlerweile neun Jahren abliefern. "Walking on a dream" ist immer noch mehr als Titelstück und Name des Erstlingswerks. Es ist Pose und zugleich Zustand in der überdrehten Synthie-Pop-Welt von Luke Steele und Nick Littlemore. Nach einer funktionierenden Werbekampagne für einen Telekommunikationsanbieter, dem durchwachsenen Album "Ice on the dune" und ein paar prominenten Festival-Slots hat sich zunächst wenig verändert. Statt entlang vereister Landstriche errichten die beiden das aus Prinzip strahlende Reich der Sonne diesmal vor einer süßlich grün-überwucherten Oase.

Einer der Haupteinflüsse für die neue Platte soll die Lehre Buddhas gewesen sein. Und tatsächlich macht es sich das pompöse Zwei-Mann-Projekt sehr gemütlich und streichelt seinen chart-genährten Wohlstandsbauch. Die erste Single "High and low" ist lupenreiner Hochglanz-Elektropop und möchte wohl auch nicht mehr sein. Es folgt beharrlich Falsettrefrain nach Falsettrefrain über eingängigen Melodien, denen unendlich viele Modulationen und Effekte anhaften. Überraschend ist hier kaum etwas. An vorderster Front steht die übergroße Galionsfigur Steele, die als bunt geschmückter König des zuckerüberfluteten Dschungels für das Gedenken an eine andere Ära von Pop-Musik eintritt. Dieses Konzept ist genau so lange griffig, bis sich die ersten Abnutzungserscheinungen abzeichnen – und diese Zeit scheint endgültig gekommen. Leider ergeben sich die beiden Australier relativ kampflos ihrer futuristischen Versuchsanordnung, die zwar Schlingpflanzen enthält, aber nirgendwo fixiert. Schwung kommt ebenso nicht wirklich auf. Vielleicht bietet diese glasierte Natur-Utopie keinen Halt mehr. Vielleicht ist das Risiko zu groß, den eigenen Wiedererkennungswert zu verlieren. Vielleicht sind dem Duo schlichtweg die Ideen ausgegangen.

Es hilft nichts: Die Konzeptkunst von Empire Of The Sun wirkt auserzählt. Fernab jeglicher visuellen Unterstützung fällt es spürbar schwerer, sich auf dieses pathoslastige Theater einzulassen. In ihren bisherigen Schaffensperioden beschworen die Verkleidungsexperten weltenverbindende Menschlichkeit, ohne je nahbar oder gar menschlich zu sein. Jede ausladende Geste, jede leuchtende Umarmung verschwindet mittelfristig hinter dem Bedürfnis, sich mit irgendetwas identifizieren zu können. Empire Of The Sun strecken lediglich pro forma den kostümierten Arm aus, doch reichen dem Hörer kaum einen Finger. "First crush", die übliche Nummer zum Verliebtsein, schafft es in ihrer Käsigkeit noch dermaßen zu überdrehen, dass sie zumindest eine flüchtige Regung hervorruft. Spätestens seit dem Erfolg der künstlerisch streitbaren Arbeiten von Jeff Koons weiß schließlich jeder, dass auf der Welt immer Platz für kitsch-beseelte Überdrussprodukte sein wird. Um ihren Status muss sich die Band also eher nicht sorgen, wohl aber um ihr musikalisches Vermächtnis, das in Betracht des riesigen Egos sicherlich mehr umfassen soll als zwei, drei Hits und verblassende Assoziationen zu Großkonzernen.

(Michael Rubach)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • High and low
  • First crush

Tracklist

  1. Before
  2. High and low
  3. Two vines
  4. Friends
  5. There's no need
  6. Way to go
  7. Ride
  8. Digital life
  9. First crush
  10. ZZZ
  11. To her door
Gesamtspielzeit: 41:01 min

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Armin

2016-10-19 20:50:54

Frisch rezensiert.

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