Nils Bech - Echo
DFA / [PIAS] Cooperative / Rough TradeVÖ: 14.10.2016
Homogenes Training
Fassungslosigkeit beschreibt das Album "Echo" als Ganzes gut. Das ist schon der erste Eindruck, wenn man das Cover sieht – es dürfte das hässlichste sein, das der Autor dieser Zeilen seit langem gesehen hat. Da möchten ein Künstler, ein Label und wer da alles noch mitentscheidet, ein Album in möglichst großer Stückzahl verkaufen, und es fällt niemandem von ihnen ein besseres Motiv ein als zwei Scheinwerfer mit zwei Plastikklappen davor auf weißem Hintergrund? Zumal der Norweger in künstlerischen Belangen bewandert ist, immer wieder in Performance-Zusammenhängen, etwa bei der Biennale, und als Schauspieler oder Model auftritt.
Fassungslosigkeit ist im gewissen Sinne auch das Grundgefühl des Labeldebüts von Bech bei DFA nach drei Platten beim norwegischen Indie Fysisk Format. "I leave you behind, it's so lonely now", seufzt der Skandinavier mit Falsett-Stimme in "Too little to late", fleht "Please stay" im gleichnamigen Song, und für einen Herzschlag setzen die Beat-Salven aus und die wunde Seele verleiht sich Ausdruck in einem einsamen dunklen Violinenstrich. Der Erzähler kann weder den geliebten Menschen fassen noch seine Contenance. Und man wünscht sich beim Hören nichts mehr, als dass er es schafft, mindestens das eine oder das andere, und bleibt im Bann der Platte, gefesselt auch vom emotionalen Gesang. Dennoch ist "Echo" in jedem Moment auch eine Pop-Platte, an vielen Stellen tanzbar, und das logische Ergebnis seines bisherigen Schaffens, das man dennoch so nicht erwarten konnte. Angefangen hatte Bech mit Kunstliedern, die teilweise in Richtung Bossa-Nova gingen, hatte auf dem letzten Album "One year" dann bereits Elektropop-Songs, die aber noch neben Jazz-Einschüben und Musical-Melodien standen. Dazu noch die Performance-Aktivitäten betrachtet, retteten sich die Rezensenten gerne in Beschreibungen wie "Avantgarde-Künstler".
Auf seinem ersten Album für das New Yorker Kultlabel ist nun eine klare Linie erkennbar: schroffe Beats treffen auf klassische Instrumente wie Klavier, Klarinette und Geige und exaltierten Gesang. Hat da jemand "Homogenic" gesagt? Tatsächlich tauchen immer wieder Parallelen zu Björk und insbesondere diesem Album auf, aber auch zu den ersten beiden Platten von Patrick Wolf. Geholfen hat Bech der junge DJ Drippin' aus Bergen, der bislang vor allem im HipHop-Kontext tätig war und Erfahrungen hat mit komplexen rhythmischen Strukturen. In das Album fügen sich thematisch wie musikalisch auch "Jealousy" und "A sudden sickness" gut am Ende ein, die das Nordlicht auf früheren Platten bereits veröffentlicht hatte, aber noch einmal komplett überarbeitet hat. Zu sagen, sie runden das Album ab, träfe es aber nicht. Das Album ist nicht rund, ist an einigen Stellen kantig und schroff, wird mindestens genauso viele Gegner wie Fans haben. Es macht fassungslos.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Too little too late
- Please stay
- Echo
- Jealousy
Tracklist
- Waiting
- Too little too late
- Glimpse of hope
- Please stay
- Drip, drip
- Let go
- Echo
- Jealousy
- A sudden sickness
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Armin
2016-10-19 20:50:34
Frisch rezensiert.
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- Nils Bech - Echo (1 Beiträge / Letzter am 19.10.2016 - 20:50 Uhr)