The Lion & The Wolf - The Cardiac Hotel

Grand Hotel van Cleef / Indigo
VÖ: 07.10.2016
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Weniger allein

Zugegeben, es wäre ein Leichtes gewesen diese Rezension mit den Worten "Tom George ist ein einsamer Wolf beziehungsweise Löwe" zu beginnen. Seitdem der bärtige Brite im Jahr 2014 seinen Job an den Nagel gehängt hat, um sich ausschließlich der Musik zu widmen, ist er vor allem allein unterwegs. Mit Akustikgitarre im Gepäck spielt er unter dem Künstlernamen The Lion & The Wolf nirgendwo und überall und versucht Fans zu gewinnen. So schwierig dies sein muss: letztendlich mit Erfolg. Nach Jahren des DIY-Daseins und finanziell wahrscheinlich schwierigen Zeiten erscheint Georges zweites Album "The Cardiac Hotel" beim renommierten Hamburger Label Grand Hotel van Cleef. Dort passt er wie die Platte ins dafür angefertige Regal, denn sein neustes Werk ist voller Herz und Musikerblut und trieft vor Persönlichkeit.

Doch George ist nicht allein. Zumindest bei den Aufnahmen hat er sich wie beim selbstveröffentlichten Debüt Unterstützung besorgt. Für die Instrumentierung bleibt nur ein Prädikat: abwechslungsreich. So läutet eine Orgel "Don't fail me now" ein und hinterlässt beim Hörer ein wenig Verwunderung: Ist etwa Sonntagmorgen, und habe ich mich tatsächlich in eine Kirche verirrt? Schwermütig schreitet "The Cardiac Hotel" zu Beginn voran und wird auch von der Single "Heaven forbid" nicht in Leichtigkeit gehüllt. Seine Fans nennt George liebevoll den "Sad Club". Hallige Gitarren und eine Prise Bombast durch Streicher und Bläser machen es nicht leicht die Einladung in diesen abzulehnen, auch wenn das eigene Befinden besser nicht sein könnte. Gute traurige Musik wäre aber nicht gut genug, wenn sie nicht zumindest einen kleinen Funken Hoffnung versprühen würde. The Lion & The Wolf gelingt es in Elliott-Smith-Manier Melancholie und Licht zu verbinden, wie zum Beispiel im bärenstarken "The hospital floor", das jene Leere auf diesen Fluren musikalisch metaphorisiert.

So schön zerbrechlich Tom George auf seinem Zweitling von der schweren, überstandenen Krankheit seines Vaters auch singt: die Hightlights werden oft erst durch eine breite Instrumentierung erzeugt. Im wunderschönen "My father's eyes" lässt George Platz für schwere, glitzernde Melodien, die sonst von Bands wie Get Well Soon oder Arcade Fire bekannt sind. "Past the point of fair" weiß hingegen an der richtigen Stelle die klassischen Instrumente hinten anzustellen und einzig einer gezupften E-Gitarre Platz zu lassen. Nur ein Song erinnert an die eingangs erwähnten Solokonzerte: Das akustische "The pinching point" ist überdies aber stark angelehnt an Death Cab For Cuties "I will follow you into the dark". Würde George eben jenes Stück nicht so emotional und schön interpretieren, die Copy-Paste-Polizei wäre alarmiert. So bleibt The Lion & The Wolf einfach nur ein herzlicher und ehrlicher Musiker. Es wäre Tom George zu wünschen, dass er fortan nicht mehr alleine auf Tour gehen muss. Ohne an dieser Stelle auf irgendwelche Rudel-Metaphern zurückzugreifen: So lebt es sich doch einfach besser.

(Till Bärwaldt)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • My father's eyes
  • The hospital floor
  • Past the point of fair

Tracklist

  1. Don't fail me now
  2. Heaven forbid
  3. My father's eyes
  4. The hospital floor
  5. Walk on the moon
  6. The pinching point
  7. Bar stools
  8. December
  9. Past the point of fair
  10. Witness
  11. Find the time
Gesamtspielzeit: 37:31 min

Im Forum kommentieren

René

2016-10-07 13:57:14

Sehr leise, aber sehr sehr gute Platte. Still water are deep. "December" ist mein Favorit.

Armin

2016-10-05 21:03:29

Frisch rezensiert.

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