Ove - Ich will mir nicht so sicher sein
Tapete / IndigoVÖ: 07.10.2016
Safety last
Eine Frau und ein Mann. Oder eine Frau und noch eine. Oder ein Mann und ein ebensolcher. Oder eine ganz andere Konstellation. Heutzutage und hierzulande dürfen Lebensentwürfe sich glücklicherweise unterscheiden. Aber Haus, Apfelbäumchen und Nachwuchs sind nach wie vor und seit jeher hoch im Kurs. Nur: Was ist, wenn man das alles ziemlich geil fände, aber der eigene Körper da nicht mitmacht? Die Geschichte vom willigen Geist und dem schwachen Fleisch ist ein ähnlicher Dauerbrenner wie der Wunsch, sich niederzulassen. Frag doch mal bei Ove nach. Der Fünfer aus dem hohen Norden, benannt nach dem Vornamen seines Frontmanns Ove Thomsen, ist sich sicher, "Ich will mir nicht so sicher sein".
2013 brachte die Truppe unter dem Namen Game Ove & Die Spielfiguren bereits das Album "Ove, wenn & aber" heraus. Seither hat es neben dem Namenswechsel eine personelle Veränderung gegeben, Sönke Torpus von Torpus & The Art Directors ist aber weiterhin an Bord. Ohne Schmalz, aber umso herzlicher agiert das Gespann auf seiner neuerlichen Veröffentlichung "Ich will mir nicht so sicher sein". Zunächst aber zurück zum Haus, dem Apfelbäumchen und dem Nachwuchs: In "Ich will ein Haus bauen" ist die Sache klar. Die Slidegitarre stellt Ove das Eigenheim in die Prärie, doch "so lange sich mein Körper wehrt, machen wir Musik". "Ich bin mir sicher" indes enthält die Zeile, die der Platte ihren Titel beschert. Eine Stimmung zwischen Schnappatmung und Lethargie zieht auf – wie ungemütlich Folk doch sein kann. Ove ergeben sich dem Freiheitsgedanken und stellen ihn über alles andere. Daraus ergibt sich das Paradoxe: Sicherheit durch Unsicherheit.
Dem jungen oder jungegebliebenen Menschen sprechen Ove aus der Seele. "Zweitausendzwölf" setzt der Bedrückung die Krone auf. Das stetige Hin und Her ist auch vielleicht doch nichts für die Dauer? Anderswo auf "Ich will mir nicht so sicher sein" wird heiß geliebt und freudig beschworen, was das Leben lebenswert macht. "Wo Du schläfst" erkennt mit Schmacht und Charme die perfekte Nachtruhestätte. Die Musik läuft Galopp, eine Trompete eilt herbei mit froher Kunde. Ein Song zum Mitsingen und Mitfreuen. "Was dem Rücken gut tut, tut der Liebe gut", erkennen Ove im Opener "Wenn es keine Brücke gibt". Wie bitte? Nun ja, wenn einer in der Zweierbeziehung auch das Gepäck des anderen schultert und sich dauerhaft verrenkt, sind die Folgen vorprogrammiert. Am Ende ist klar: "Die Ufer zwischen uns sind so weit entfernt." Aus und vorbei. Der zackige Beat und Thomsen, der plötzlich und endlich aus der Haut fährt, machen den Track richtiggehend lebensnah – man kennt ihn doch selber, diesen Schmerz.
Das Artwork von "Ich will mir nicht so sicher sein" zeigt ein Herz. Rechts unten: eine kleine Türe. Tritt herein, heißt es, denn sie steht offen. Ove haben das koronale Visier oben, scheuen sich nicht voller Ehrlichkeit ihr Innerstes zu offenbaren und tragen es nach außen. Andererseits geben sie dem Hörer die Chance einzutreten und sich zu verlieben. Dass die Platte nicht nur textlich, sondern auch musikalisch ein dolles Ding geworden ist, liegt sicher nicht zuletzt an Produzent Simon Frontzek. Der zeigt sich schließlich für charmante Veröffentlichungen noch und nöcher verantwortlich. Folk mit Rock-Pop-Elementen oder Rock-Pop mit Folk-Anleihen – wen juckts eigentlich, wenn die Inszenierung so vollständig daherkommt? Zumindest da kann man sich dann doch einmal sicher sein.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Wenn es keine Brücke gibt
- Wo Du schläfst
- Ich bin mir sicher
Tracklist
- Wenn es keine Brücke gibt
- Die Mischung macht es aus
- Ich will ein Haus bauen
- Blindenhund
- Faden und Fell
- Wo Du schläfst
- Ich bin mir sicher
- Zweitausendzwölf
- Merkur II
- Im Stau
- Klettern
- Der Geist
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Armin
2016-09-28 21:02:58
Frisch rezensiert.
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