Loose Fur - Loose Fur

Drag City / Domino / Zomba
VÖ: 27.01.2003
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Dünnes Fell

Man war sich einig. Daß sich Jeff Tweedy und Jim O'Rourke getroffen haben, war ein Glücksfall. Mit Tweedys spleenigen Songs und O'Rourkes abstrakten Klang-Vorstellungen geriet Wilcos "Yankee hotel foxtrot" zu einem wahren Erlebnis. Ungekämmte Melodien, ungewaschene Arrangements, ungekannte Emotionen. Und doch jammerte ein Teil der Wilco-Fangemeinde. Die Songs würden fehlen. Die abstruse Produktion verschütte jegliche Schönheit unter Tonnen von überflüssigem Gerät. Wilcos jüngste sei - schlicht gesagt - eine Enttäuschung. Unwissende, allesamt, denn wir wissen es besser.

Doch wie werden wohl jene, die vor lauter Unkenrufen die Anmut von Songs wie "I am trying to break your heart" oder "Ashes of American flags" überhörten, auf das reagieren, was die fruchtbare Zusammenarbeit zweier Querköpfe nun mit "Loose Fur" zum Vorschein bringt? Aber fangen wir von vorne an. Die Geschichte beginnt nämlich vor ca. zwei Jahren. O'Rourkes Kopf sprudelte damals wie üblich nur so vor kruden Ideen über. Und da er gerade an ein paar Entwürfen herumprobierte, die er weder bei Neuerdings-Arbeitgeber Sonic Youth, noch auf seinen angenehm verstrahlten Solowerken wie "Insignificance" unterbringen wollte, paßte es ihm gut in den Kram, als ihn Tweedy wegen eines gemeinsamen Projektes ansprach. Ein wenig Hilfe hatte der Chicagoer nämlich noch nötig, um seinen mäandernden Ideen ein wenig Bodenhaftung zu geben. Aber eben nur ein wenig.

Daher beginnt das selbstbetitelte Debüt von Loose Fur auch gleich mit zerfaserten Geräuschen. Ein merkwürdiges Gewirbel kreist umher, bis ein klickernder Rhythmus Tweedys lakonischen Gesang ankündigt. Beinahe schüchtern haucht der seine Verse über eine "Laminated cat", bis mit beinahe meditativer Steigerung an den Instrumenten gezerrt und gefummelt wird. Holprige Grooves und verschlurfte Innenansichten gehen ineinander über. Zeilen wie "I found it finally in my heart not to forgive you" und "Wish I could fuck you like he thinks he does" stehen mit der Faust in der Tasche auf doppeltem Boden. Selbst in den Momenten mit einschmeichelnder Melodie kratzt und beißt es im Hintergrund. Und Glenn Kotches sinnliche Percussion streichelt dazu die Luft.

So tänzeln die ausufernden Songs - nur das trotzige "You were wrong" bleibt unter der Fünfeinhalb-Minuten-Marke - mal um sich selbst, mal um ein überraschendes Banjo, mal um einen weiteren herzzerreißenden Melodiefetzen. Und mittendrin gibt "Loose Fur" auch noch Antworten auf Fragen, die sich mancher gar nicht stellen wollte. Der verschrobene Lärm auf "Yankee hotel foxtrot" war nämlich keineswegs nur O'Rourkes Werk. Der vermeintliche Schöngeist Tweedy ist es, der auch hier das Feedback kitzelt, über die Saiten schabt und sich in den zerstreuten Momentaufnahmen verliert, die eigentlich bloß einfache Folksongs sein wollten. Merkwürdig? Bestimmt. Großartig? Nicht immer. Spannend? Auf jeden Fall. "Loose Fur" entpuppt sich als ein ziemlich hintersinniger Witz. Man versteht ihn zwar nicht unbedingt, doch man will unbedingt hören, wie er erzählt wird.

(Oliver Ding)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Laminated cat
  • So long
  • Chinese apple

Tracklist

  1. Laminated cat
  2. Elegant transaction
  3. So long
  4. You were wrong
  5. Liquidation totale
  6. Chinese apple
Gesamtspielzeit: 39:17 min

Im Forum kommentieren

humbert humbert

2010-08-31 15:04:44

Ziemlich langweiliges Album, aber das Lied hier vom Nachfolger "Born Again In The USA" ist echt spitze - dieser leichte Steely Dan Touch!

Kavenzmann

2010-08-31 14:53:23

Sind auch Balladen á la "Ashes of American flags" drauf? Oder eher die schnelleren Wilco-Songs wie?

Mekonian

2007-10-22 17:08:12

und ihre zweite ?

Dän

2003-02-04 18:39:02

"Laminated cat" ist cool. Aber soll ich das wirklich kaufen?

Rolf

2003-02-04 18:01:18

Das mit dem kleinen Bruder trifft es gut. Nach dem herausragenden YHF momentan allerdings noch etwas zu klein für mich, aber was nicht ist kann ja noch werden. Deutliche Sonic Youth-Einflüsse, und manchmal ein wenig Sea and Cake.

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