Pixies - Head carrier

PixiesMusic / PIAS / Rough Trade
VÖ: 30.09.2016
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Mission: Kimpossible

Gewagte Thesen? Bei Plattentests.de eigentlich so normal wie der dienstägliche Besuch der Fensterputzer. So ein vollverglastes Redaktionsgebäude strahlt schließlich nicht von alleine. Manchmal zögern aber auch unsere Finger, kurz bevor sie über die Tastatur gleiten. So etwa während des Schreibens der kommenden Zeilen, die sich hinsichtlich des neuen Albums einer Band im Kopf bilden, die eine Art Heldenstatus genießt. Dennoch muss man das mal sagen dürfen: Kim Deal war womöglich das Beste, was den Pixies jemals passiert ist.

Jetzt ist es raus! Und die Schreiberin dieses Satzes steht dazu. Denn auch "Head carrier", das neue Werk von Black Francis & Co. – und seien wir ehrlich, das erste richtige seit dem 1991 veröffentlichten "Trompe le monde", wenn man bedenkt, dass "Indie Cindy" eher eine Compilation aus drei verschiedenen EPs war –, offenbart wie schon der genannte Quasi-Vorgänger, dass Deal den Pixies fehlt. Oder bei den Pixies? Am Ende kommt es aufs Gleiche hinaus. Und das bei allem Respekt für Paz Lenchantin, die mittlerweile zum vollwertigen Mitglied herangewachsen ist. Es ist ja nicht ihre Schuld. Und für die riesengroßen Fußstapfen, in die sie tritt, macht sie sogar eine erstaunlich sichere Figur.

Tatsächlich bedankt sie sich sogar höchstpersönlich im gemeinsam mit Black Francis geschriebenen "All I think about now" bei Deal. Ein merkwürdiges Gefühl, wenn die Neue sich plötzlich an die Alte wendet, aber Lenchantin klingt durchaus ehrlich und sorgt neben den melancholisch vorgetragenen Strophen gar für etwas Druck im Refrain. Und ebendieser fehlt allzu oft auf "Head carrier". Fast wirkt es, als wäre den Pixies nicht bewusst, dass sie jetzt doppelt überzeugen müssen – oder es zumindest sollten. Das sechste Album in immerhin fast 30 Jahren krankt somit nicht nur am Weggang einer seiner konstantesten Stärken, sondern auch am scheinbaren Mangel an entsprechender Ambition.

Einen Vorteil gegenüber "Indie Cindy" hat es auf jeden Fall: Es ist wesentlich homogener. Kinderspiel, wenn der Vorgänger aus eigentlich drei verschiedenen Teilen besteht? Möglich. Mit Stücken wie dem eingängigen Neunzigerjahre-College-Rocker "Plaster of Paris" oder auch dem vorzüglichen Titeltrack, der so einnehmend daherkommt wie die Pixies zu ihren besten Zeiten standardmäßig waren, weiß das Quartett nach wie vor zu überzeugen. Auch das stürmische "Baal's back" lässt sich nicht so leicht abschütteln, während man der astreinen und für den Spätsommer bestens geeigneten Rockabilly-Single "Um chagga lagga" höchstens ihren beknackten Titel vorwerfen kann.

An anderen Stellen geht "Head carrier" zu oft auf Nummer sicher oder ruht sich auf uralten und mittlerweile fast vertrockneten Lorbeeren aus. So tönt der Herzschmerz-Rock von "Might as well be gone" anfänglich zwar ganz angenehm in den Ohren, lässt aber sowohl Black Francis' alten Biss und Deals Wärme allzu schnell vermissen. "Tenement song" spielt mit dem reichlich ausgelutschten Laut-/Leise-Spiel und geht am Ende doch unentschieden aus. Und der tonnenschwere Abschlusstrack "All the saints" vermittelt mit seiner Schwanengesang-Atmosphäre womöglich einen verfälschten Eindruck. So wacker sich die neue Bassistin auf "Head carrier" auch schlägt, ist es vor allem die veraltete Denkweise, dass schon alles irgendwie klappen wird, die die Pixies zurückhält. Manche Thesen sind eben nur deswegen gewagt, weil sie wehtun. So wie diese: Auch alte Helden können untergehen. Zeit für eine Frischzellenkur!

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Head carrier
  • Baal's back
  • Um chagga lagga
  • Plaster of Paris

Tracklist

  1. Head carrier
  2. Classic masher
  3. Baal's back
  4. Might as well be gone
  5. Oona
  6. Talent
  7. Tenement song
  8. Bel esprit
  9. All I think about now
  10. Um chagga lagga
  11. Plaster of Paris
  12. All the saints
Gesamtspielzeit: 34:08 min

Im Forum kommentieren

fuzzmyass

2024-10-30 14:52:28

Ich mag Head Carrier auch am wenigsten von den Reunion Alben... weiß gar nicht wieso genau, aber irgendwie hat das nie 100% gezündet... eine schwächelnde 7/10 würde ich aber dennoch wohl geben...

The MACHINA of God

2024-10-30 14:24:55

Höre mich grad etwas durch die Diskographie. Für mich ist "Head carrier" wohl das Post-Reunion-Album, das am meisten nach den "alten" Pixies klingt. Kompakter und homogener als "Indie cindy" (welches ich aber insgesamt deutlich mehr mag), aber läuft auch irgendwie durch. Irgendwie mag ich sie von den Post-Reunion-Alben am wenigsten.

Mr. Fritte

2018-09-15 11:05:13

Für mich wär "Baal's Back" wohl das Highlight, aber ansonsten seh ich das genauso. Klingt im Gegensatz zu "Indie Cindy" wie ein mangels guter Songs ziemlich fehlgeschlagener Versuch, nochmal ein Album "wie früher" zu machen.

The MACHINA of God

2018-09-15 03:36:55

Ich komm mit "Indie cndy" sehr gut klar, aber diese Pladde hier ist bis auf zwei Ausnahmen ("Tennement song", "Um chaka laka") einfach nur luftleerer Raum. 5,8/10

Hogi

2017-11-17 10:42:25

Letztlich die langweiligste Pixies-Platte für mich, ohne aber wirklich schlecht zu sein...mehr Santiago beim nächsten Mal bitte!

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