Hamilton Leithauser + Rostam - I had a dream that you were mine

Glassnote / Caroline / Universal
VÖ: 23.09.2016
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Die Rechnung geht auf

Um aus dem Poesiealbum Deiner Mutter zu zitieren: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Entsprechend bedeutungsschwanger ist das Plus zwischen Hamilton Leithauser und Rostam auf dem Cover von "I had a dream that you were mine". Doch das Leben besteht nicht nur aus heiterer Addition: Leithauser hat sich als Sänger und Gitarrist von The Walkmen hervorgetan, bis der Band regelrecht die Puste ausging – was gewiss nicht auf seine konstant beeindruckende Gesangsakrobatik zurückzuführen sein dürfte. Rostam Batmanglij hingegen trug bei Vampire Weekend den unvermeidlichen wie diffusen Titel "Multiinstrumentalist" und subtrahierte sich erst im Januar 2016 aus der Band. Aber, Achtung, Merksatz: Minus mal minus ergibt plus. Daher bleibt zu hoffen, dass zwischen Leithauser und Rostam nicht nur die Rechnung aufgeht, sondern gar die Chemie stimmt.

Dieses Album stellt nicht ihre erste Zusammenarbeit dar: Für Hamilton Leithausers – im positiven Sinne – rückwärtsgewandtes Soloalbum "Black hours" griff Rostam ihm bereits für die Songs "Alexandra" und "I retired" als Produzent unter die Arme. Auf Albumlänge war Leithauser in seinem Bemühen, sich von The Walkmen zu emanzipieren, arg verkrampft, das Zusammenspiel von gestriger Inszenierung und moderner Produktion noch nicht auf den Punkt. Die glorreiche Ausnahme heißt tatsächlich "I retired" und hat die Idee fabelhaft entrückt umgesetzt, fernab klar wahrnehmbarer Epochenbrüche. Daran knüpft "I had a dream that you were mine" klugerweise an. Nach der charmanten, simplen Single "A 1000 times" becirct das liebesnärrische "Sick as a dog" von der ersten Klaviernote an mit sentimentalen, zugleich verspielten analogen Qualitäten.

Damit eines klar ist: Postmoderne, ironische Brüche liegen ihnen völlig fern. Zunächst abwegig erscheinende Elemente helfen nicht nur der Aussage der Songs, sondern tragen sie sogar klammheimlich. Das Country-Folk-Abschiedsmelodram "In a black out" erfährt erst durch den Engelsgesang eine merkwürdige Aufrichtigkeit und Legitimität. Ähnliches gilt für "The morning stars", die andere große Countrynummer, bei der einfach alles sitzt: Rhythmus, Arrangement, Gesang – würde sich nur nicht die Orgel nach der ersten Strophe eine elektrophone Komponente bewahren, die ganz behutsam eingestellt wurde.

Wem das zu viel Feingefühl ist, wird sich an "When the truth is..." laben: Zwischen Rhythm and Blues und R&B tänzelnd, torkelnd und lallend, zeugen die Stimmungsschwankungen von Leithausers besten Leistungen auf diesem Album. Sicherlich verbleibt er in seiner Rolle des Tunichtguts auf gewohntem Terrain; auch Rostam dürfte als Produzent an Songs wie "Young lion" aus "Modern vampires of the city", dem letzten Vampire-Weekend-Album mit ihm als Vollzeitmitglied, gemessen werden. Doch das Geheimnis ist pure Mathematik: Enthusiasmus + Wahnwitz, Folk + R&B, Hamilton Leithauser + Rostam.

(Sohiel Partoshoar)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Sick as a dog
  • In a black out
  • When the truth is...
  • The bride’s dad

Tracklist

  1. A 1000 times
  2. Sick as a dog
  3. Rough going (I won’t let up)
  4. In a black out
  5. Peaceful morning
  6. When the truth is...
  7. You ain’t that young kid
  8. The bride’s dad
  9. The morning stars
  10. 1959 (feat. Angel Deradoorian)
Gesamtspielzeit: 40:54 min

Im Forum kommentieren

smrr

2020-03-14 17:51:40

Sehr unterschätztes Album! Neues Werk von Hamilton kommt bald und es knüpft quasi nahtlos an dieses Werk an, wobei ich es 1,5 Punkte unter diesem Album taxieren würde. Teilweise wie auf "Isabella" bisschen countryesker - aber dennoch sehr eingängig und sympathisch.

saihttam

2016-12-15 14:24:12

Sehr gutes Album! In dieser Stimme stecken immer noch so viele ungebändigte Emotionen. Diese Dringlichkeit, dieser Schmerz, diese Hingabe und Aufopferung! Hamilton ist definitiv einer meiner absoluten Lieblingssänger. Die Arrangements von Rostam sind dazu auch durchgehend gelungen. Wird sehr wahrscheinlich in meiner Jahresliste auftauchen.

musie

2016-09-28 16:41:48

Es ist wirklich faszinierend, wie die Elemente der beiden Bands gut harmonieren. The Rat Stimme zu Vampire Weekend Beats...

Unangemeldeter

2016-09-28 16:34:54

Wundert mich, dass das hier kaum wer zu hören scheint?
Tolles Album! Eins meiner Liebsten dieses Jahr. Von den Walkmen hat mich kein Album voll überzeugen können, der Leithauser hat aber eine einfach großartige Stimme - und hat hier endlich auch wieder ausformulierte Songs.
Die Retroelemente wie die tollen DooWop-Backgroundchöre sind super in die moderne Produktion eingebunden - das ist ja etwas, was schon das letzte Vampire Weekend Album gut konnte.
Stark und unbedingt empfehlenswert!

saihttam

2016-09-28 12:48:31

Scheint ganz gut geworden zu sein. Schöner The-Walkmen-Ersatz jedenfalls.

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