
Matt Berry - The small hours
Acid Jazz / [PIAS] Cooperative / Rough TradeVÖ: 16.09.2016
Berry Many Low
Der Schauspieler Matt Berry hat ein grandioses Gespür für Timing. Ganz gleich, ob seine Figur in The IT Crowd mit vollem Körper- und Stimmeinsatz eingeführt wird oder seine linke Augenbraue ein ganzes Lebensgefühl zu tragen vermag: Er, das große komödiantische Talent mit der imposanten Baritonstimme, erweckt den Eindruck, dass er die Reaktionen des Publikums meisterhaft steuern könne. Wer davon erfährt, dass er sich auch als Musiker verdingt, wird entsprechende Erwartungen hegen: Im besten Falle wäre seine Musik so tollkühn, albern und energetisch wie bei Frank Zappa, im schlimmsten wäre sie abgehoben-selbstreferenziell und im Kern banal. Berry selbst hatte hierfür in einem Interview sogar die passende Aussage parat: "Hey, ich habe gerade einen BAFTA gewonnen!"
Doch Banalität findet auf "The small hours" keinen Platz. Die Wahrheit liegt in der Mitte, irgendwo zwischen Verspieltheit und Introspektion, denn auch ein Matt Berry kennt Momente der Selbstzweifel und Verlustängste. Das dürfte auch erklären, weshalb sich der Sound so sehr an Vertrautes klammert: Einer sechzig Jahre alten Decca Mixing Desk ist es wohl zu verdanken, dass beispielsweise "One by one" an Fleetwood Mac und ein klein wenig auch an den Mitklatschschlager "Is this the way to Amarillo?" erinnert. Wer Berry bislang nicht als Sänger kannte, wird bei genauerem Hinhören erstaunt sein, wie hell und resigniert er klingen kann. Von dieser Diskrepanz zwischen Musik und Gesang zehrt insbesondere das verbissene "The peach & the melon", ein Lied über die Manson-Familie als Lehrstück über die Gefahren von Kulten und Religionen. Da will er in "Beam me up" bestimmt nicht von Gott nach oben geführt werden.
Fällt die erste Hälfte des Albums regelrecht lethargisch aus, verändert sich alles mit den knapp zehnminütigen, sprunghaften Bachelor-Pad-Albtraumszenarien in "Night terrors". Im zackigen Folgestück "Lord Above" tanzt sich Berry die Gedanken aus dem Leib und gönnt sich hinterher ein ordentliches Trompetensolo. Liebeskummer findet im naheliegend betitelten "Wounded heart" in einem prächtigen Melodieverlauf und Gitarrensolo sowie dezent-pastoralen Choralgesängen angemessenen Ausdruck, bevor der titelgebende Song "The small hours" als bittersüße Ode an die eigene Endlichkeit den Schluss bildet. Matt Berry, der Musiker, hat Matt Berry, den Darsteller, schlussendlich demaskiert. Doch es ist die Strategie kämpferischer Außenseiter, seine Schwächen offen auszuspielen, um sich unangreifbar zu machen. Daraus lässt sich Mut und Inspiration schöpfen – und sei es für Matt Berrys rechte Augenbraue.
Highlights & Tracklist
Highlights
- The peach & the melon
- Night terrors
- Lord above
- Wounded heart
Tracklist
- Intro
- One by one
- The peach & the melon
- Say it again
- Gone for good
- Beam me up
- Seasons on fire
- Night terrors
- Lord above
- Obsessed and so obscure
- Wounded heart
- The small hours
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Darth Floersche
2017-01-03 21:47:08
höre den heute erstmals.... der typ ist gold. pures gold!
https://www.youtube.com/watch?v=uyr9sgV1qiU&list=RDrLLhqE37KKE&index=5&ab_channel=AcidJazzRecords
https://www.youtube.com/watch?v=X_FPVw2Z2Ns&index=6&list=RDrLLhqE37KKE&ab_channel=sbritt
https://www.youtube.com/watch?v=5f_3iqHpnVM&list=RDrLLhqE37KKE&index=16&ab_channel=ArnieChoppanator
https://www.youtube.com/watch?v=is7VLi_kSs0&ab_channel=sbritt
BO
2016-09-14 09:30:44
Oh Goood! :D
Gelöschter User (16.04.2025)
2016-09-13 23:45:25
Also, ich komm ausm Iran...
https://www.youtube.com/watch?v=g2KsZHRrFpU
BO
2016-09-13 17:07:36
https://www.youtube.com/watch?v=oye9AmOdsZc
Armin
2016-09-07 21:16:55
Frisch rezensiert.
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