Lisa Hannigan - At swim
PIAS / Rough TradeVÖ: 19.08.2016
E-Mail für Dich
Wenn Normalsterbliche in ihr E-Mail-Postfach blicken, finden sie dort Nachrichten, die meistens nicht mehr als ein müdes Gähnen hervorrufen. Revolutionäre potenzsteigernde Mittel, Millionengewinne und unschlagbare Angebote von Prinzen aus Afrika – alles bereits unzählige Male konsumiert. Lisa Hannigan dagegen dürfte aus der Hängematte gefallen sein, als bei ihr aus dem Nichts eine Mitteilung von Aaron Dessner eintrudelte. Dieser ist Gitarrist bei The National und nebenbei Produzent von Künstlern wie Sharon Van Etten und Local Natives. Auch wenn der Inhalt der Nachricht nicht detailgenau wiedergegeben werden kann, wird sich diese sicherlich um Hannigans jahrelange Funkstille gedreht haben. Der Vorgänger "Passenger" ist immerhin viereinhalb Jahre alt, weswegen Dessner eine Zusammenarbeit für einen Nachfolger vorschlug. Mehr als schwierig, zu so einem Angebot nein zu sagen.
Das Resultat: "At swim", das in gerade mal sieben Tagen in einer zum Studio umfunktionierten Kirche aufgenommen wurde. Der Entstehungsprozess zog sich dafür über Monate hinweg: Dessner verschickte beispielsweise digital Songideen als Pianoskizzen, beide trafen sich außerdem in Dänemark und Hudson, New York. Zusätzlich pendelte Hannigan der Liebe wegen zwischen ihrer Heimat Dublin und London. Ganz schön viel Geographie für ein Album, das alles andere als multikulti klingt, sondern wie gewohnt persönlich und eindringlich und das in gemächlichem Tempo mit möglichst wenigen Mitteln ein stets intimes Gefühl erzeugt. "Anahorish" besteht sogar nur aus zwei weiblichen Stimmen, vertont ein Gedicht von Seamus Heaney und klingt wie eine weihnachtliche Prärielandschaft. "Prayer for the dying" wiederum handelt vom verstorbenen Elternteil eines Freundes und geht schon fast als langsamer Todeswalzer durch.
Dessner wollte nicht, dass das Album zu gefällig und anbiedernd klingt. Erreicht hat er dieses Vorhaben allemal: "At swim" ist komplett durchzogen von einem düsteren Schleier und mit deutlichem Abstand Hannigans schwermütigstes Werk. Selbst den vermeintlich leichteren Momenten wohnt eine erkennbare Schwere inne, die auf Dauer etwas zu intensiv am Gemüt zerrt. Ein eingängiger, herausstechender Song wie "I don't know" würde einiges angenehm auflockern, fehlt jedoch komplett. Zumindest die Melancholie teilt sich Hannigan noch mit ihrem ehemaligen künstlerischen Begleiter Damien Rice, der dafür weitaus pompöser zu Werke geht und daher zugänglicher wirkt. So bleibt nur die Hoffnung, dass in der nächsten Zeit Nachrichten von Ross Antony oder Roberto Blanco im Posteingang der bezaubernden Irin landen, sodass zumindest wieder etwas mehr Freude in ihr Leben tritt.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Fall
Tracklist
- Fall
- Prayer for the dying
- Snow
- Lo
- Undertown
- Ora
- We, the drowned
- Anahorish
- Tender
- Funeral suit
- Barton
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Der Untergeher
2016-08-29 11:11:44
Ich muss sagen, mir gefällts. Der Schwermut und die Melancholie mag nicht für jeden was sein, aber wenn man sich in der richtigen Gemütslage befindet, trifft das Album genau ins Schwarze. Wo der Herr Dessner die Finger drin hat kommt fast ausschließlich Wundervolles bei raus.
Armin
2016-08-17 21:05:46
Frisch rezensiert.
Meinungen?
Armin
2016-06-08 18:12:23
LISA HANNIGAN
Die wunderbare Lisa Hannigan hat ihr drittes Album „At Swim” fertiggestellt, welches am 19. August über Play It Again Sam erscheinen wird.
Produziert von Aaron Dessner ist “At Swim“ das dritte und wohl bezauberndste Album von Lisa Hannigan und folgt auf das mit Doppel-Platin ausgezeichnete Debüt “Sea Saw“ (2009) sowie “Passenger“ (2011).
Als ersten musikalischen Vorboten präsentiert Lisa Hannigan den Song “Prayer For The Dying“, inspiriert von der Geschichte über die Eltern eines Freundes, in der der Verlust eines Elternteiles nach langer Krankheit eine tragende Rolle spielt. „They’d had a very long and happy marriage and the loss was devastating”, erinnert sich Lisa. “I wanted to try and express that grief but also pay tribute to their marriage.”
“Prayer for the Dying” ist vielleicht der dunkelste und verletzlichste Song aus Hannigans Karriere, welche an der Seite von Damien Rice begann und seitdem ihren eigenen Weg gefunden hat. Nachdem sie 2 Jahre lang mit “Passenger“ auf Tour war, fiel es Hannigan zunächst schwer an neuen Songs zu arbeiten. Auch privat bedeutete eine neue Beziehung, dass sie zwischen Dublin und London pendeln musste. Hilflos und verloren fand sie indessen Ablenkung und feierte ihr Schauspieldebüt als Meerjungfrau in dem Oscar-nominierten Animationsfilm “Song Of The Sea“, arbeitete an dem Soundtrack zu “Fargo“ und dem Oscar-gekrönten Score zu “Gravity“. Nebenbei fing sie an ihren eigenen Podcast zu hosten, für den sie u.a. Harry Shearer, Sharon Horgan und David Arnold interviewte.
Der schöpferische Durchbruch kam, als Hannigan aus dem nichts eine E-Mail von Aaron Dessner bekam, Gitarrist von The National und Produzent von u.a. Sharon Van Etten und Local Natives. Dessner schlug vor, zukünftig zusammenzuarbeiten und so fand Hannigan in London ein neues kreatives Umfeld, um an den Songs zu “At Swim“ zu arbeiten. Während das Album von Isolation und Heimweh handelt, ist es aber dennoch tiefergreifend und bewegend voller Liebe.
Livedaten werden in Kürze announced.
Song-Link: https://www.youtube.com/watch?v=hoq021gAaz4
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Referenzen
Spotify
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