Factory Floor - 25 25
DFA / [PIAS] Cooperative / Rough TradeVÖ: 19.08.2016
Minimum Maximum
"Es gab wenig." Bei Plattentests.de ein häufig gebrauchter Satz. Er fällt immer dann, wenn ein Redaktionsmitglied eine tadellose Rezension einreicht und die Schlussredaktion kaum etwas findet, das daran zu verbessern wäre. Also praktisch ständig. Wenig gibt es traditionell auch bei Factory Floor – für ihr selbstbetiteltes Debüt reichten ihnen störrische Drumcomputer, schwitzig pumpende Techno-Konstruktionen und gelegentlich die Echos von Nik Colk Voids Stimme, die wie kondensierter Atem durch die imposanten Eisskulpturen von Tracks wie "Fall back" oder "Two different ways" wehten. In Sachen Line-Up haben die Briten ebenfalls abgespeckt: Seit Dominic Butlers Abgang schrauben Void und Kollege Gabriel Gurnsey nunmehr zu zweit an ihren Maschinen, und wer dachte, dass es an ihrem Sound nichts mehr zu entschlacken gäbe, sieht sich auf "25 25" eines Besseren belehrt: Hier zischt der Minimalkompakt durch jede Ritze – und erzielt einen maximalen Effekt.
Der ist spätestens dann erstmals erreicht, nachdem "Meet me at the end" und "Relay" die Veranstaltung mit Bleep-Monotonie und zerstückelten Vocal-Fetzen angeheizt und so den Boden für den perkussiven Hypno-Bolzen "Slow listen" bereitet haben – doch was heißt hier langsam? Zu dynamisch und flink pulsieren klackernde Tribal-Beats und tiefes Grollen, bis die Pumpe im Factory-Floor-Rhythmus zu arbeiten beginnt und man Voids zerrende Vocal-Ausdünstungen einen Moment lang beinahe für Gesang halten könnte. War das da gerade ein "Oh yeah"? Und im nächsten Stück ein verhuschtes Sample aus Click Clicks "Sweet stuff"? Wenn ja, wäre es der kalorienärmste Zucker-Ersatz, den man sich denken kann. Und möchten wir noch ein wenig im Kosmos der Electronic Body Music verweilen, ist in der unerbittlichen, immer schärfer knurrenden "Dial me in"-Basslinie auch "First in / first out" von Front 242 nicht weit: Tonloses Geklapper und unterschwellige Aggression drohen den Track förmlich in der Luft zu zerreißen.
Und doch steckt bei aller Kargheit und reduzierter Power eine Menge in "25 25" – angefangen bei Helena Hauffs Schaffen zwischen Achtziger-Elektronik und Industrial-Frost über klassischen Acid House Marke A Guy Called Gerald bis hin zu den böse fauchenden Nagelbrettern, die Acts wie Audion oder Ansome bohren. So wenig Variation wie möglich, so viele Knalleffekte und verdichteter Groove wie nötig. Zustimmung kommt auch von der formidablen Single "Ya", die ebenso wenig große Worte macht, aber dafür bedeutungstragenden Fokus auf jede skelettierte Sequenz, jede abgezirkelte Hi-Hat und jedes rhythmische Detail legt. Ein Monstertrack. Abwechslung, Harmonien, Melodien gar? Alles zu vernachlässigen, solange ein Album so unmissverständlich auf die Tanzfläche deutet wie dieses und die Bodenplatten mit strenger Konsequenz statt mit aufwändigem Apparat zum Schmelzen bringt. Wem das zu wenig ist, der soll sich ruhig einen Zuckerschock holen – aber hinterher bitte nicht wegen Verstopfung jammern.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Slow listen
- Dial me in
- Ya
Tracklist
- Meet me at the end
- Relay
- Slow listen
- 25 25
- Dial me in
- Wave
- Ya
- Upper left
Im Forum kommentieren
RevCo Inc
2016-08-18 17:54:52
minimal oder billig - das ist hier die Frage
Armin
2016-08-17 21:05:10
Frisch rezensiert.
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- Factory Floor - 25 25 (2 Beiträge / Letzter am 18.08.2016 - 17:54 Uhr)