Hellfire - Heaven don't want you? Hellfire will take you!

Kollaps / Hausmusik / Indigo
VÖ: 13.01.2003
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Ideallinie

Die Boulevardmagazine der großen privaten Fernsehsender bestätigen zum Fahreswechsel das, was schon Heere von Spatzen von allen Dächern geträllert haben: Die 80er waren der Trend des Jahres 2002. Spannbeton-Frisuren, Karottenhosen, Nena-Comeback - das ist nur die Spitze des Eisberges, der seine Kälte aus reanimierter cooler New-Wave-Ästhetik bezieht. Denn wie bei einem guten Eisberg üblich, liegt auch beim 80er-Trend der größte Teil unter der (Wasser)oberfläche. Dort gibt es nicht nur die schmutzig-stumpfe Masse des nach oben gespülten zu sehen, hier findet man die glasklaren Kristalle, die diese Bezeichnung noch verdienen.

Dieses seltsame Jahrzehnt hat uns so manchen musikalischen Super-GAU beschert, womit ausnahmsweise nicht Joachim Witt gemeint ist, der dereinst noch erträgliches produziert hat. Stattdessen soll an dieser Stelle auf das Phänomen "Neue Deutsche Welle" eingegangen werden, ein Begriff, unter dem so großartige oder clevere Bands wie Fehlfarben oder Trio mit inhaltsfreien Spaßjunkies wie Markus zusammengefaßt wurden. Wer jetzt noch darüber grübelt, was das alles mit einer jungen deutschen Band zu tun haben könnte, sollte die Überschrift auf ein Wortspiel hin untersuchen.

Dabei sind Hellfire viel mehr als ein NDW-Abklatsch. Das zeigt sich schon beim ersten Lesen der Tracklist. Neben deutschen und englischen Titeln finden sich auch zwei französische. Was hier aus den Boxen tönt ist also gar nicht so deutsch, sondern viel mehr international und nicht nur deshalb mit der Kategorie New Wave viel besser beschrieben. Ein Hauch von Punk umweht die Münchner, gepaart mit Avantgarde und einer Spur Arroganz. Das ist überhaupt nicht unangenehm und wirkt vor allem trotz der nicht ganz neuen Machart frisch und knackig.

Das funktioniert im wesentlich deshalb, weil Hellfire überhaupt nicht kalkuliert wirken. Zwischen die Sounds, die schon vor 20 Jahren in kleinen Clubs für gut gefüllte Tanzflächen gesorgt hätten, mischt sich mit "La vida" plötzlich ein Song, der die Traumhochzeit von französischen HipHop à la MC Solaar mit akustischen Schrammelgitarren zelebriert. Man nimmt den Sängerinnen Nadja und Naomi einfach ihre Emotionen ab, auch weil hier so vieles ungeschminkt bleibt. Und wenn Naomi zu einer naiv klingenden Synthiemelodie mit total überdrehter Stimme schreiend zum "Kuscheln" auffordert, dann ist das keineswegs komisch. Sondern fast schon ideal.

(Rüdiger Hofmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Rock the universe
  • La vida
  • R. R. T.
  • Kuscheln

Tracklist

  1. Love letters
  2. Rock the universe
  3. Tame me
  4. Konfusion
  5. Out of my shoes
  6. En avant le rock
  7. La vida
  8. Growing
  9. Yes yes!
  10. Ocean ground
  11. R. R. T.
  12. Did I ever tell you
  13. Kuscheln
  14. Rollin'
Gesamtspielzeit: 38:40 min

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