Róisín Murphy - Take her up to Monto
PIAS / Rough TradeVÖ: 08.07.2016
Kunst am Bau
Róisín Murphy kann es. Zum Beispiel mit Bauhelm und neongelber Warnweste auf dem Cover ihres neuen Albums posieren, ohne dass es peinlich wird. Das kann nicht jeder. Der Künstler und sein Werk under construction. Oder zwei Mal quasi aus Versehen einen Pophit landen und sich dann wieder abwenden. Bezeichnenderweise gelang ihr das beim ersten Mal mit ihrer Band Moloko und dem Song "Sing it back" in einer Remix-Version, nach dem Ende der Band und einem ersten Electronica-Jazz-Album unter der Regie von Matthew Herbert versuchte die Irin das mit dem Popstar-Ding ein zweites Mal. "Overpowered" reichte längst nicht mehr an den ersten Erfolg heran und führte dazu, dass die Chanteuse sich für sieben Jahre ausschließlich der Familie widmete. Umso schneller geht es jetzt: 2014 veröffentlichte sie die italienischsprachige EP "Mi senti", im Jahr darauf kam der Longplayer "Hairless toys", und weil sie damals mit dem Produzenten und ehemaligen Moloko-Keyboarder Eddie Stevens genug Material für zwei Platten erschuf, liegt nun bereits das neue Werk vor.
Ideen waren hörbar mehr als genug vorhanden. Mit der Popstar-Idee gingen auch Grenzen und Formate und kamen die Freiheit und die Entspanntheit. Das neue Album zielt wie der Vorgänger nicht auf die Tanzfläche, sondern in die Chill-out-Zone oder urbane Vernissagen und Cafés. Die verspielten und verspulten Elemente haben deutlich zugenommen, die Spieluhr in "Thoughts wasted", das Klavier, das mitten in "Lip service" eine kleine Rumba spielt, das lustvolle Spiel mit den Effekten in "Sitting and counting". Dass dabei keine Songs im klassischen Sinne entstehen, ist klar, die gab es eh bei Murphy nur zu Zeiten der Pop-Ausflüge. Heute produziert sie Tracks, die mitunter ineinander übergehen, an anderer Stelle auch nur in der Programmierung des Endprodukts zusammengehalten werden, während die Rhythmen und Arrangements sie in unterschiedliche Richtungen ziehen. Im Interview erzählte sie letztes Jahr, wie sie vormittags im Studio ihre Strophen in einer halben Stunde aus Notizen aus ihrer Kladde zusammenbastelt und zu vorproduzierter Musik von Stevens aufnahm, nach dem Mittag und einem Bier schrieben sie weitere Songs beim Jammen mit Keyboardmelodien, zu denen Murphy einsang, was ihr gerade in den Kopf kam. "Mir geht es immer um Freiheit, Komplexität und die Möglichkeit, von einem Extrem ins andere zu schwenken. (…) Immer wenn etwas bis zu einem gewissen Grad vereinfacht wird, muss ich mich dagegen wehren", so Murphy.
Mehr Installation als Produktion, mehr Kunsthalle als Club, mehr Kopf als Körper – das Experiment, das vor zu viel Monotonie bewahrt, kann aber auch dazu führen, dass das Album öfter auf dem Coffeetable als in der Musikanlage landet. Aber da, wo der Freiheit und der Komplexität gegenüber dem Format und der Vereinfachung der Vorzug gegeben wird, besteht immer die Gefahr der Nische. Murphy klingt aber nicht so, als würde sich sich dagegen wehren. Popstar war sie ja schon mal, auf zu neuen Ufern. Under construction.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Thoughts wasted
- Lip service
- Ten miles high
Tracklist
- Mastermind
- Pretty gardens
- Thoughts wasted
- Lip service
- Ten miles high
- Whatever
- Romantic comedy
- Nervous sleep
- Sitting and counting
Im Forum kommentieren
ummagumma
2016-07-08 20:48:00
In der Tat eine schöne Gesamtstimmung.Sehr harmonisches,stimmiges Album. Gefällt mir auf Anhieb besser als das auch schon ganz nette aber nicht so stimmige Hairless Toys. Dieses hatte aber wiederum mit Exploitation und House of Glass zwei herausragende Songs. Beim neuen ragt bisher noch nichts so raus. Waren aber auch erst 2 Durchgänge. Erstes Highlight vielleicht Thoughts wasted.
An ihrer Stimme jedenfalls kann ich mich nicht satt hören.
musie
2016-07-08 18:44:47
dieses album ist für mich eine der überraschungen des jahres! nicht sooo weit weg zb von jamie xx. ich finds ihr bestes solo album. aber ist geschmackssache, es ist sehr atmosphärisch. ähnlich wie das neue von bloc party..
Armin
2016-07-05 21:08:19
Frisch rezensiert.
Meinungen?
Armin
2016-04-19 18:44:51
Róisín Murphys nächster Streich: „Take Her Up To Monto”
Róisín Murphy veröffentlicht ihr neues Album „Take Her Up To Monto” am 8. Juli auf Play It Again Sam.
Disco-Phantasien, dunkles Kabarett, die Klänge des klassischen House und der Elektronica, die Freude und das Leid des puren Pop:
Der Titel des Albums stammt von einem irischen Volkslied, das durch The Dubliners populär gemacht und von ihrem Vater gesungen wurde.
“It’s me and my rhythm. It’s very simple, really – but very complicated.”
Die aktuelle musikalische Reinkarnation Murphys startete 2014 mit der Veröffentlichung der „Mi Senti“ EP.
Ein Jahr später folgte das von Kritikern bejubelte, und für den Mercury Preis nominierte Album „Hairless Toys”. Während die „Mi Senti” EP noch als ein Liebesbrief an Murphys kreatives Leben verstanden wurde, folgte mit den Aufnahmen zu „Hairless Toys“ und „Take Her Up To Monto“ eine ausgewachsene Sinfonie. Fünf intensive Wochen im Studio neben Eddie Stevens führten zu genug genügend Material für gleich zwei Alben. „Hairless Toys” half Murphy in der neuen Phase ihrer Karriere das Publikum abzuholen, „Take Her Up To Monto” wird es ein weiteres Mal begeistern.
Ihr neues Studioalbum zementiert ebenfalls die neue Rolle, die Murphy als Künstlerin lebt: Sie wurde Filmemacherin.
Der Clip zur Single “Exploitation” des Vorgängeralbums war ihr Regiedebüt. Von dort an ging sie durch “a hell of a steep learning curve”, wie sie selbst sagt, um Filme für jede Folgesingle in Eigenregie produzieren zu können.
“Each video was a study-fest, each one was about me watching the greats, copying how they set each shot up, it was truly like going to film school. Looking back at Hairless Toys I see all sorts retrospectively, but it feels like the aesthetic was frozen time of no-time – was it in the eighties? Nineties? Seventies? Some lost place in the memory of my generation?”, so Murphy weiter.
Murphys Einfallsreichtum stand noch nie still. Im Gegenteil. Für „Take Her Up To Monto” hat sich die visuelle Sprache verändert, über die Murphy behauptet “Less reference, a more aggressively modern aesthetic”. “It’s about the London that I live in, it's a lot about architecture, it's about building and the future coming, it´s about here! It's a bit fizzier and more present tense, irreverent, with guerilla filming, montage and crazy shit. I hope it's a realism that makes you feel good about being alive.”
Einen musikalischen Gruß gibt es mit „Mastermind“.
https://soundcloud.com/miss-roisin-murphy/mastermind/s-20mxp
Die Tracklist liest sich wie folgt:
1. Mastermind
2. Pretty Gardens
3. Thoughts Wasted
4. Lip Service
5. Ten Miles High
6. Whatever
7. Romantic Comedy
8. Nervous Sleep
9. Sitting and Counting
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