Blink-182 - California

BMG / Warner
VÖ: 01.07.2016
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

What's my age again?

Es war schon eine Sondermeldung wert, als Blink 182 im Januar 2015 tatsächlich Tom DeLonge den Laufpass gaben. Also dem Typen, der an guten Tagen im Handumdrehen dafür sorgen konnte, dass die Band aus dem schnöden Pop-Punk-Einerlei herausragt. Meilenweit sogar, wie das inzwischen auch schon wieder 13 Jahre alte, hervorragend gealterte selbstbetitelte Album eindrücklich bestätigt. Aber eben auch den Kerl, der sich über die Jahre in alle möglichen Projekte verstiegen und verzettelt hat – und dessen Darbietungen auf der Bühne (und auch auf so manchem Studioalbum) im Laufe der Zeit bisweilen mitleiderregend furchtbar wurden. Dennoch: Blink 182 ohne Tom DeLonge – das ist eigentlich undenkbar. Und doch haben wir es jetzt mit "California" zu tun, dem Album, das zeigen will, dass es mit Alkaline Trios Matt Skiba genauso gut geht.

Ein Vorhaben, das auf dem Papier unter einem guten Stern steht, treffen doch mit Barker, Hoppus und Skiba nicht eben drei Nasenbohrer aufeinander. Vielmehr könnte man sich eine Melange aus poppigen Blink 182 und dem teils düsteren Alkaline-Trio-Sound als durchaus grandios vorstellen. In der Realität aber stehen die Dinge wie so oft ein wenig anders, was schon mit der Wahl von des ollen Kantenglätters John Feldmann als Produzent beginnt. So bringt sich "California" als gruseliges Beispiel für ein bis in die letzte Spur überproduziertes Album in Position, das Attribute wie Dynamik oder Charakter bestenfalls vom Hörensagen kennt und viel lieber alles ein mal durch den N64-Weichzeichner jagt. Ärgerlich ist das, und zwar gewaltig. Aber hey: Das ist schließlich auch immer noch Pop-Punk, da darf man sowas. Was zählt, sind schließlich die Songs.

Und die – so scheint es zunächst – können das Gemecker über den fürchterlichen Klang spielend beiseite schieben. "Cynical" startet die Chose nach ein paar einleitenden Versen von Hoppus als gelte es, die Zeiten des 1997er-Albums "Dude ranch" wieder aufleben zu lassen. Das hat Schmackes, Verve, Witz und Melodien, die man so bald nicht mehr los wird. Für einen Moment denkt man sogar an NOFX. Kein Witz. Auch das direkt folgende, vorab veröffentlichte "Bored to death" weiß per Alkaline-Trio-Gedächtnisstrophe und ausladendem Refrain zu gefallen, zeigt aber bereits erste Schwächen im Songwriting der neu formierten Band. Was hier in Form von ein paar verschmerzbaren "Oh-ohs" geschieht, wird leider im Laufe des Albums zunehmend zum Ärgernis. "Los Angeles" kann gerade, weil es aus dem Rahmen fällt, nochmals ordentlich punkten. Ab "Sober" allerdings verlieren Blink 182 nachhaltig den Faden.

Das fängt beim schmerzhaft banalen Refrain "I know I'm messed up / And it might be over / But let me call you / When I'm sober" an und setzt sich im anschließenden Nanana-Wahnsinn fort. Da beginnt man sich schon mal zu fragen, wie alt die hier musizierenden Herrschaften denn nun eigentlich sind, und ob sie es nach zig Alben und Songs nicht eigentlich besser wissen müssten. Zur Antwort bekommt man Albernheiten wie "Built this pool" und "Brohemian rhapsody", die trotz ihrer Kürze schlichtweg kein Mensch braucht. Und mit "Kings of the weekend" einen Song übers, nun ja, Saufen am Wochenende, den die Band zu "Enema of the state"-Zeiten ganz bestimmt besser hinbekommen hätte. Herzlichen Glückwunsch. Und auch die Songs, die es auf die Habenseite schaffen, kommen über das Etikett "nett" nicht wirklich hinaus. Dafür sind es wenigstens einige.

Womit letzten Endes "California" in Gänze treffend beschrieben ist. Ob der Song nun "No future" oder "Rabbit hole" oder "The only thing that matters" heißt, ist im Grunde egal, weil alle drei einfach nur ganz okay sind. Nicht mehr, nicht weniger. Blink 182 finden mit "California" zwar so ein wenig aus der Sackgasse heraus, in die sie sich mit dem orientierungslosen "Neighborhoods" manövriert haben, laufen dabei allerdings auch ihrer eigenen Vergangenheit hinterher. Jenen Zeiten, in denen man die Band während bierseliger Stunden liebte und ansonsten lieber nicht über sie sprechen wollte. Zum nostalgischen Ausflug in die eigene Jugendzeit eignet sich "California" hervorragend. Und das großartige "San Diego" funktioniert sogar darüber hinaus immer. Nur: Das ist nun echt zu wenig.

(Martin Smeets)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Cynical
  • Los Angeles
  • San Diego

Tracklist

  1. Cynical
  2. Bored to death
  3. She's out of her mind
  4. Los Angeles
  5. Sober
  6. Built this pool
  7. No future
  8. Home is a lonely place
  9. Kings of the world
  10. Teenage satellites
  11. Left alone
  12. Rabbit hole
  13. San Diego
  14. The only thing that matters
  15. California
  16. Brohemian rhapsody
Gesamtspielzeit: 41:47 min

Im Forum kommentieren

eric

2018-07-19 12:10:06

Stimmt. :) Is für mich auch einfach passende Musik zu diesem Sommer da draußen.

Felix H

2018-07-19 12:07:54

Dazwischen war ja nur ein Album. :-)

eric

2018-07-19 12:03:20

Am Stück höre ich das nie, aber bei aller berechtigten Kritik, man brauche von dieser Band nix Neues mehr: "Los Angeles", aber vor allem "San Diego" und der Titelsong am Schluss sind super. Wohl das Beste, was Blink 182 seit der "s/t" gemacht haben.

Milo (unangemeldet)

2017-08-25 11:59:08

Also, wenn sie Cynical, Los Angeles, San Diego, Bored to Death und Left Alone zu den neuen Songs gepackt hätten und von denen noch Hey, I´m sorry, Can´t get you more pregnant und die Akustiknummer von Bored to Death eliminiert hätten, wäre es ein durchaus respektables Comeback-Album geworden.

Croefield

2017-06-14 17:40:34

Die Deluxeversion ist übrigens ziemlich gut. Die neuen Songs sind teilweise wirklich sehr gut, natürlich auch wieder einiger Mist, aber 6/8 zB ist wirklich sehr gelungen und hätte auch wunderbar auf die s/t gepasst.

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