Magic! - Primary colours

RCA / Sony
VÖ: 01.07.2016
Unsere Bewertung: 3/10
3/10
Eure Ø-Bewertung: 3/10
3/10

Eiern, leiern, seiern

Können Musikgenres ausgenutzt und missbraucht werden? Mehrfach erhielt diese Fragestellung Zündholz durch die Vereinnahmung und Kommerzialisierung bestimmter Stile durch weiße Künstler. Elvis machte das immerhin hochwertig mit dem Rock'n'Roll, die Disco-Welle schwappte Jahre nach ihrem Aufkeimen in die hellhäutige, heterosexuelle Welt über und nach einem Desaster der Marke Vanilla Ice brauchte es zur Versöhnung erst einen Eminem, um weiße Rap-Credibility wiederherzustellen. Ist die Welt jetzt mittlerweile nicht genug abgestumpft, um Bands wie Magic! zu ertragen? Das kanadische Quartett verquirlt Reggae- und Dancehall-Elemente mit blümchengemustertem Pop und hatte 2014 mit "Rude" tatsächlich einen weltweiten Hit. Muckefuck-Jamaika ist das, aber scheinbar kommt es gut an.

Das Mitleid gegenüber dem altehrwürdigen Reggae setzt automatisch ein, wenn das altbackene Liebesgeseier und die grundlosen Selbstbestärkungen von Sänger Nasri Atweh ertragen werden müssen. Schon "Rude" flehte damals den Vater einer Angebeteten an, den Hochzeitssegen zu geben, nur um dann trotzig zu entgegnen: "I'm gonna marry her anyway." Mehr Gangsta war wohl nur Jan Böhmermann, als er Polizei hatte. Auf dem unvermeidlichen zweiten Magic!-Album "Primary colours" geht das Elend nahtlos weiter. Das Englisch, was die Truppe auf den Tisch packt, erinnert stellenweise an vergangene lyrische Meisterwerke der Marke Glow oder Guano Apes. Nur hatten die wenigstens noch die Ausrede, aus Deutschland zu kommen. Bei Magic! scheitert es ganz offensichtlich bereits in der Muttersprache am mangelnden lyrischen Talent.

In "Gloria" wird das gleichnamige Objekt der Begierde – zu viel mehr taugen Frauen auf diesem Album übrigens kaum – als "complicated, but pure in heart" angepriesen – doch, oh weh! Im Refrain erwischt Atweh sie tatsächlich mit einem Fremden im Bett! "Did you have sex all day? / How could I be so blind?", wundert sich die optische Armutsedition von Brandon Boyd, während der Hörer im Stillen der Dame Beifall klatscht. Wer das andere Geschlecht mit plumpem Brunftgestammel wie "Hey you with the red dress on / I gotta find a way to take it off" rumkriegen möchte, sollte nicht überrascht sein, wenn sonstigen männlichen Alternativen der Vorzug gegeben wird. Wieder wird klar: Die dickste Eisenkugel am Bein sind vor allem die grauenvollen Texte der Marke Englisch vier minus, welche darüber hinaus mit Wiederholungen und Uralt-Klischees auf den Senkel gehen.

Dass sich der immerhin echte Jamaikaner Sean Paul auf der Single "Lay you down easy" ein Gastspiel inmitten dieses Milchbrötchen-Raggas antut, ist vollkommen unverständlich. Ein wenig Abwechslung und eine brauchbare Hook bringt er zwar rein, rettet den Kahn aber nicht vorm Absaufen. Am besten ist "Primary colours" musikalisch dann, wenn Magic! sich am weitesten weg von billigen Reggae-Imitationen entfernen und wie in "No regrets" eine akustische, poppige Ballade raushauen, die wenigstens B-Seite bei Ed Sheeran werden könnte. Abgesehen von wenigen gelungenen Melodien herrscht jedoch zwischen Fake-Karibik und Tetrapak-Romantik übelste Flaute. Gegen diesen Missbrauch seines Flairs sollte der Reggae eigentlich mal den Aufstand proben.

(Felix Heinecker)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • No regrets

Tracklist

  1. Have it all
  2. Lay you down easy (feat. Sean Paul)
  3. Gloria
  4. Red dress
  5. No regrets
  6. Dance monkey
  7. No sleep
  8. I need you
  9. Primary colours
  10. The way God made me
Gesamtspielzeit: 35:17 min

Im Forum kommentieren

Naja

2016-07-05 12:27:21

Die Band ist scheiße. Aber ist das hier nicht eine 1:1-Kopie der Vorgänger-Rezension?

Robert G. Blume

2016-06-30 21:34:11

Schließe mich an: was für eine Überschrift! Jahrespoll-verdächtig!

Eridur

2016-06-30 08:54:29

Ganz beschissene Band,über die jedes geschriebene Wort schon zu viel ist.

alter

2016-06-29 23:21:27

das ist die geilste überschrift einer rezension seit langem :D

Armin

2016-06-29 20:28:41

Frisch rezensiert.

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