We Are Scientists - Helter seltzer
100% / Rough TradeVÖ: 03.06.2016
Schampus auf Glastisch
Ein gutes Jahrzehnt nach dem Siegeszug der legendären "Class of 2005", jener Zeit, als Bloc Party, Maximo Park und Co. die alternative Szene aufmischten und der NME wöchentlich zu neuen Hype-Massen-Orgasmen aufrief, steht es um die Partylaune der renomiertesten Vertreter nicht mehr ganz so gut. Man musiziert freilich noch, veröffentlicht (mehr oder weniger) regelmäßig Alben, auch Konzerte finden nach wie vor genügend Anklang. Dennoch ist die mediale Aufmerksamkeit deutlich geringer als noch vor einer Dekade, viele trauen den alten Helden kaum noch Überraschendes zu. Für We Are Scientists, damals ebenso sichere Hitbrett-Reiter, die mit dem feinen "With love and squalor" auch einen zumindest Mini-Klassiker ihr Eigen nennen dürfen, gilt das mit der getrübten Laune natürlich nicht. Seit jeher dem verschroben-kauzigen Humor zugeneigt, ließ es sich Sänger und Gitarrist Keith Murray nicht nehmen, die Fertigstellung des fünften Studioalbums mit jeder Menge Karottensaft, Eigelb und anderen Flüssigkeiten zu feiern, was schließlich in einem Musikvideo amüsantester Kajüte kulminiert.
Voranstellend, dass "Buckle", dieses Knallbonbon aus majestätischem Glanz und rauhen Gitarren, bereits gleich zu Beginn von "Helter seltzer" ein waschechtes Brett ist, an dem We Are Scientists danach arg zu knabbern haben, kümmern wir uns zunächst um den ebenso beknackten Albumtitel. "Helter skelter"? Soweit klar. Rabaukentum ist eine Seite, die schon immer in dieser Band steckte. Aber "Seltzer"? Nun, nach ein paar Fläschchen Gerstensaft befand man, so erzählt der gute Murray, das man "ein neues Genre begründen" müsse – und dies dann "Helter seltzer" taufte. Weil die neuen We-Are-Scientists-Stücke "so sehr sprudelten" wie lange nichts, was die Bande so aus ihrer Feder ließ. Zudem in einer gewissen Eleganz, die man nicht mehr ignorieren dürfe. Daher verspürte man den Drang, die Songs, die schon immer Pop sein wollten, endlich auch Pop sein zu lassen, statt ihnen immerzu bräsige Gitarren überstülpen zu müssen. Mangelndes Selbstbewusstsein kann man Murray und Co. also wieder einmal nicht attestieren. Ein neues Genre bekommt der Hörer aber natürlich nicht serviert.
Doch im Sound der Truppe hat sich ein bisschen was geändert. Zu hören in den zwar nur bedingt spannenden, für den nächtlichen Schwoof unter der Discokugel dennoch bestens geigneten Synthpop-Stücken "Hold on" oder "Too late". Etwas packender gelingt der Tanzfeger "Classic love", das den Schmiss der Nullerjahre atmet. Gänzlich auf die Euphorie-Bremse treten We Are Scientists mit dem verträumten "Want for nothing" und dem schwelgerischen "We need a word", das aber immerhin ein Herz für schmutzige Gitarren offenbart. Max Hart, ehemaliger Keyboarder der Band, hat "Helter seltzer" auch etwas opulenter produziert, als man das vom Output der Wahl-New-Yorker gewöhnt ist. Ihre räudigen, geerdeten Garage-Wurzeln scheinen neben dem fantastischen Opener beinahe nur noch im polternden "Headlights" und dem leicht verschrobenen "Forgiveness" durch, was nicht zwingend stört. Denn "Helter seltzer" ist in Sachen Songwriting sicher ein gutes, aber auch ein Album irgendwo dazwischen geworden. Das Glanz und Gloria verspricht, aber den Schampus vorerst nicht auf Eis bettet, sondern unauffällig auf den Glastisch stellt.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Buckle
- We need a word
- Classic love
Tracklist
- Buckle
- In my head
- Too late
- Hold on
- We need a word
- Want for nothing
- Classic love
- Waiting for you
- Headlights
- Forgiveness
Im Forum kommentieren
Scholz
2016-06-03 23:35:35
Gemach, Gemach... Sooo dolle ist Buckle nun auch wieder nicht. Da ist doch schnell die Luft raus. Hört Euch mal Lousy Reputation vom Debut an - und dann erkennt den Unterschied. Der Fairness halber: 5.5/10 für's Album. Und weil We Are Scientists definitiv in Ordnung sind.
Armin
2016-05-24 22:32:53
Frisch rezensiert.
Meinungen?
eric
2016-05-18 10:30:18
Erscheint hier offiziell am 03. Juni.
Aber
2016-05-17 21:03:27
Immer für diverse Hits zu haben, die Band. Weiterhin ordentlicher Output.
Robert G. Blume
2016-05-16 16:05:31
Das Album ist schon draußen. Und es ist sehr gut. "Buckle" ist ein Hit vor dem Herrn.
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