Venerea - Last call for adderall

Destiny / Broken Silence
VÖ: 29.04.2016
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10
4/10

Schnellzug aus Früher

Als Venerea aus dem beschaulichen Falkenberg an der Südwestküste Schwedens im Jahr 1995 wie eine fröhlich pfeifende Dampflok auf das Europäische Festland rappelten, wären Skinny Jeans und Hipster-Vollbart so was von out gewesen. Die hippen Teenies trugen Sk8-Hi-Vans, weit geschnittene Skate-Baggys mit Geldbeutelkette und labberige, bunte Punkband-Shirts. Die Jugendtreffs in der Provinz waren proppenvoll, wenn ein Melodycore- oder Skatepunk-Konzert anstand – die Jugend darin meistens auch. Klammheimlich konnten sich damals, neben schwedischen Aushängeschildern wie Millencolin, Satanic Surfers und No Fun At All, auch Venerea im Windschatten der US-Punkrockszene einen Namen machen. Wer damals ihr "Shake your booty" – in Szenekreisen galt die Platte, die die Venerea-EPs zusammenführte, trotz Larifari-Lyrics über Ärsche, Känguruhs und Surfen, als absolut heißer Scheiß – nicht im Endlos-Mix auf ein Tape kopiert hatte, hatte ja mal gar keinen Plan.

Umso seltsamer erscheint es nun, die naiv-nostalgischen Erinnerungen an früher mit der Gegenwart, mit diesem 2016, in Verbindung zu bringen. Denn Venerea musizieren noch. Oder, konkreter ausgedrückt: wieder. Denn Pausen gab es immer mal, zuweilen schien der Vierer gar von der musikalischen Bildfläche verschwunden. Vielleicht aber auch keine so schlechte, weil unbelastete Voraussetzung, um sich mit "Last call for adderall", ihrem sechsten Album, zu befassen. Rein musikalisch sind Venerea zumindest noch immer in der Kategorie Schnellzug unterwegs, der wie einst "One louder" durch Prärien bratzt, in denen es keinen Bahnhof und somit auch keinen Halt gibt. Mit Prügelknaben wie "Raising my game" oder dem vortrefflichen Opener "Going home" zeigt die Truppe dem Punkrock-Nachwuchs dabei mal eben, wie ein alter Boxer zu vortrefflichen Magenhaken ansetzt. Wertvoll in Zeiten wie heute, in denen in dieser Disziplin höchstens noch Propagandhi regelmäßig überzeugen.

Die kanadischen Politpunks sind überhaupt ein gutes Stichwort, da mittlerweile nicht nur eine musikalische Referenz. Denn Venerea haben mit anti-national ausgerichteten Songs wie "Not my country" oder "Vicious circle" heute auch die Zunge am Puls der Zeit. Ansonsten knüppeln sich die Schweden in rasanter Geschwindigkeit durch 14 melodische Songs, bis Snare, Toms und Bassdrum keuchen und die Gitarren vor Erschöpfung heulen. Nicht neu – man covert schließlich immer schon Metal-Klassiker –, aber vermehrt zu vernehmen ist der prominente Metal-Einschlag auf "Last call for adderall". Nicht nur Stücken wie dem guten "The final wall" oder "Enemies of the alliance" standen in Arrangements und Riffings neben Helden des 80s-Hardcore auch Iron Maiden und Co. Pate. Klangliches Vorbild werden Venerea, die Dinos des Skatepunks, derzeit nicht mehr für viele Bands sein. Sie spielen Musik aus einer vergangenen Zeit. Doch das ist gut so.

(Eric Meyer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Going home
  • Raining my game
  • Not my country
  • Now you're gone

Tracklist

  1. Going home
  2. The beans & the grinder
  3. Raising my game
  4. Mark of cain
  5. Not my country
  6. Under siege
  7. I'm waiting for her to kill herself
  8. The final wall
  9. Vicious circle
  10. Now you're gone
  11. Enemies of the alliance
  12. Times are hard
  13. A bigger man
  14. Hey that's no way to say goodbye
Gesamtspielzeit: 38:11 min

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Flami

2016-05-28 15:46:10

"Die hippen Teenies trugen Sk8-Hi-Vans, weit geschnittene Skate-Baggys mit Geldbeutelkette und labberige, bunte Punkband-Shirts."

Das mach ich heute noch...bin ich etwa out? Oder alt?

Armin

2016-05-24 22:32:44

Frisch rezensiert.

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