Tiny Moving Parts - Celebrate
Big Scary Monsters / Al!veVÖ: 20.05.2016
Eier! Wir brauchen Eier!
"Nothing's ever good enough" – wenn eine Band mit so einer Zeile in ihr Album startet und diese immer und immer wiederholt, liegt die Vermutung nahe, dass hier jemand zwanghaft versucht, die längst verblassten Emo-Zeiten wiederaufleben zu lassen. Glücklicherweise stellt sich bereits nach wenigen Sekunden heraus: Tiny Moving Parts haben daran absolut kein Interesse. Vielmehr zelebrieren sie gemäß Titel das Leben – zwar emotional, jedoch zuversichtlich und nicht verzweifelt oder gar resignierend. Genau so formuliert Sänger und Gitarrist Dylan Mattheison auch die Absicht hinter dem dritten Album der Band aus Minnesota: "Manche Dinge verursachen im Leben immer wieder Stress, doch man muss immer positiv denken, sonst zerstört man sich selbst." Klingt vielleicht abgedroschen, doch selbst solche vermeintlichen Pseudo-Wahrheiten verschwinden während des Alltags leider allzu oft in den verlassenen Pfaden der Gehirnwindungen. Tiny Moving Parts aber sorgen dafür, dass man sich auch in diesen Momenten eben genau darauf besinnt.
Von diesen auf den ersten Blick simplen Beobachtungen, Erkenntnissen und Lebenserfahrungen leben die Texte von der Amerikaner. "I think I think too much", "I wish I have the guts / Just enough to get over it", "I know it's hard to let go" – Weisheiten des kleinen Mannes, die in so unfassbare Spielfreude verpackt sind, dass es schwer fällt, nicht bei jedem Song die Fäuste in die Lüfte zu schwingen und lauthals miteinzustimmen. Ruhepausen in Form von Balladen sind obsolet, da Tiny Moving Parts in Zwischenparts der stets rasanten Songs immer wieder das Tempo drosseln und so Raum für willkommene Atempausen bieten. "Common cold" in der Mitte des Albums verdeutlicht dies wie kein anderer Song: Die ersten 35 Sekunden rasen davon, bis Mattheison mit den Worten "I / I can't / I can't breathe" dafür sorgt, dass alle Beteiligten erst einmal durchschnaufen können. Dieses Wechselbad der Gefühle setzt sich bis zum Ende des Songs fort – mit dem zu wirklich jeder Sekunde passenden Richtungswechsel.
"Celebrate" hat jedoch weitaus mehr zu bieten als aufgewühlte Emo-Tagebucheinträge: "Volume" und vor allem "Headache" zeigen beispielsweise die pop-rockige Seite des Albums, fallen dabei jedoch nicht negativ als Ausreißer auf, sondern sorgen vielmehr für erfrischende Abwechslung. So demonstrieren Tiny Moving Parts insgesamt, wie das gerne auch als moderner Midwest-Emo bezeichnete Gerne im Jahr 2016 klingen sollte: Verspielt – ohne zu überfordern. Rasant – ohne hektisch davonzugaloppieren. Und emotional – inklusive der genau richtigen Mischung aus Expressivität und Eingängigkeit. Und das alles mit Eiern. Und wenn eine eigentlich für tot erklärte oder zumindest als dahinsiechend wahrgenommene Stilrichtung auf einmal so beflügelt klingt, können Tiny Moving Parts künftig gerne die nächsten Tagebuchzeilen preisgeben. Der kleine Mann von nebenan wird es gebührend zelebrieren.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Good enough
- Headache
- Common cold
Tracklist
- Good enough
- Happy birthday
- Birdhouse
- Headache
- Common cold
- Stay warm
- Breathe deep
- Volumes
- Minnesota
- Minnow
Im Forum kommentieren
Kai
2024-04-17 00:21:02
Warum fällt mir jetzt erst auf, dass da der Foxing Sänger bei Common Cold mitsingt?
8/10
Der kleinste gemeinsame thailänder
2016-10-15 22:28:15
Letztens mit the Fall of Troy in Bochum gesehen. Richtig richtig gut. Eines meiner Lieblingsalben dieses Jahr.
Herder
2016-08-01 21:39:37
Schönes Album das ordentlich Spaß macht, mit dem genau richtigen Maß an Vertrackheit, so dass es nicht langweilig wird. Die geringe Aufmerksamkeit hier wundert mich auch so ein wenig.
Nothing's ever good enough
2016-07-25 21:39:43
Wie gut das Albung ist. Scheint hier aber keine Sau zu interessieren. Warum!?! An der Qualität kann's nicht liegen.
Otto Lenk
2016-05-25 10:01:40
Jetzt werden wieder viele schreien: Alles so oder so ähnlich schon einmal gehört. Na und? Auf die Güte kommt es an...und die stimmt.
8/10
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Referenzen
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