
Mike Posner - At night, alone.
Island / UniversalVÖ: 06.05.2016
Crying at the discotheque
Äußerst praktisch: Mike Posner liefert auf seinem zweiten Album die Gebrauchsanweisung direkt zu Beginn mit: "This album is best listened to at night and alone." Warum? Weil es zu peinlich ist, so wie sein 2010 erschienenes Debüt "31 minutes to takeoff"? Aber nein – "At night, alone." soll introspektiv sein, persönlich, der ganze Kram. Und natürlich besser als alles zuvor, auch als sein Geschreibe für Justin Bieber, Maroon 5 oder 2 Chainz. Dies seien die besten Songs, die Posner je geschrieben hat, meint Kollege Avicii in den Liner Notes, vielleicht als Dank für das Namedropping im aktuellen Hit "I took a pill in Ibiza". Gut, dürfte ja nicht so schwer sein. In der Tat lässt sich "At night, alone." durch den Verzicht auf billige R'n'B-Versuche als ordentlicher Qualitätssprung sehen.
2016 steht Posner nämlich in erster Linie für balladeskes Liedgut, mit Einflüssen von Power-Pop, Country und – tatsächlich – Disco. "I took a pill in Ibiza" ist in der Originalversion ein allzu schleppender Akustik-Song, der offenbar eine von diesen Downer-Pillen erwischt hat. "Not that simple" schlägt in eine ähnliche Kerbe, kann aber zumindest mit einer netten Klaviertupfer-Melodie punkten. Doch erst mit "In the arms of a stranger" horcht man auf: Der Track hat etwas von entschleunigter Disco, eine Facette, die Posner deutlich besser steht als alles zuvor. Richtig genial wird es plötzlich bei "Silence". Posner dreht zu drückendem Beat als Diva in seinen piepsigen Falsett ab und verleiht dem Stück eine krude Dramatik. Seine sonst so anstrengenden Jammer-Lyrics sind hier auf einmal eine zusätzlich treibende Kraft. Wow! Einziger Wermutstropfen ist, dass der Song sich am Ende noch etwas länger hätte steigern können.
Wenn Posner dann allerdings in "One hell of a song" den Redneck-Country-Blues von Kid Rock mit einem unerträglich selbstlobenden Text über seine ganz arg tollen Songwriter-Fähigkeiten verknüpft, möchte man ob der schlimmen Musik entschieden widersprechen und schnell skippen. Die folgende Shownummer "Buried in Detroit" lässt schwer feststellen, ob sie nun auf tolle oder furchtbare Weise überladen ist. "Only God knows" sorgt außerdem für einen weiteren Oha-Moment im Verlauf, jedoch bietet der unerwartete A-capella-Gospel zu wenig Substanz, um vollends zu überzeugen. "At night, alone." ist also auf ganzer Strecke kein gutes Album geworden. Man muss aber zugestehen: Es gibt durchaus bessere Songs sowie einige Stücke abseits des Standards, welche das Debüt noch großzügig vermieden hatte.
Neben dem regulären, wenig tanzbaren Album gibt es als Gratis-Anhängsel für die nächste Houseparty noch sechs Remixe, welche trotz der gleichen Anzahl unterschiedlicher Künstler hinter den Reglern vollkommen austauschbar klingen. Der aus dem Radio-Airplay bekannte Remix von "I took a pill in Ibiza" macht dem lahmen Albumtrack immerhin Flügel, ebenso läuft es bei "Be as you are". Umgekehrt geht die gelungene Dramatik von "In the arms of a stranger" und "Silence" im Tropical-House-Gewand vollkommen unter. Den besten Momenten von "At night, alone." nach zu urteilen, sollte er vielleicht über einen Werdegang als Disco-Sirene nachdenken. Ist bei Hercules And Love Affair noch ein Kollaborationsplatz frei?
Highlights & Tracklist
Highlights
- In the arms of a stranger
- Silence (feat. Labrinth)
- I took a pill in Ibiza (Seeb Remix)
Tracklist
- At night, alone.
- I took a pill in Ibiza
- Not that simple
- Be as you are
- In the arms of a stranger
- Silence (feat. Labrinth)
- Iris
- Only God knows
- Jade
- One hell of a song
- Buried in Detroit
- Thank you
- I took a pill in Ibiza (Seeb Remix)
- Not that simple (Kyle Tree Remix)
- Be as you are (JordanXL Remix)
- In the arms of a stranger (Brian Kierulf Remix)
- Silence (Sluggo x Loote Remix) (feat. Labrinth)
- Buried in Detroit (Lucas Löwe Remix) (feat. Big Sean)
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na toll
2016-05-24 22:45:50
habe einen ohrwurm von der überschrift.
Armin
2016-05-24 22:31:34
Frisch rezensiert.
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