
Aesop Rock - The impossible kid
Rhymesayers / Rykodisc / WarnerVÖ: 29.04.2016
In Wort und Zahl
Besonders fleißige Stubenhocker haben einmal nachgezählt: Der amerikanische Ottonormal-Rapper kommt in seinem Werk auf einen Wortschatz von circa 4.500 Vokabeln. Deutlich unter dem Schnitt liegen laut Statistik beispielsweise 50 Cent, DMX oder auch Kanye West, einsam an der Spitze hingegen verweilt einzig und allein: Aesop Rock. Seine Songs sind so wort- und fintenreich wie die Werke der wirklich großen Romanciers, seine Texte haben tatsächlich literarischen Mehrwert. Und das ist selten, betrachtet man mal, mit welch gruseligen Plattitüden sich manch Rapper die Milliönchen aufs Sparbuch schaufelt. Aesop Rock hingegen gibt einen feuchten Kericht auf Statussymbole, erzählt lieber tragikomische Außenseiter-Geschichten mit Augenzwinkern und veröffentlicht mit "The impossible kid" nun ein weiteres autobiografisches Kapitel im ewigen Lauf der eigenen Geschichte.
Es ist nicht sein bestes Album, unterhaltsamer als die Releases der anderen trüben Tassen ist es aber allemal. Als richtungsweisend können die Vorabtracks bezeichnet werden: Über einen deftigen Electro-Beat rappt Aesop Rock in "Rings" metaphernreiche Zeilen, dass es natürlich eine helle Freude ist. Ob man dann das Wörterbuch wirklich zu Rate ziehen muss, um alle Wortspiele, Gedankengänge und Clues zu verstehen, ist ja nun wirklich nicht das Problem von Aesop Rock. Er verhandelt in seinen neuen Texten – bei aller Freude an der Sprache – vor allem ernste, persönliche Themen: "The impossible kid" untersucht nicht nur die Jahresringe in des Rappers Stammbaum, sondern berichtet auch von Depression und Kontrollverlust, Ängsten und anderen Zuständen, die einem das Leben nicht gerade versüßen. "Life is so unfair / Party over here / I'll be over there" heißt es dann auch sinngemäß im eher düsteren "Dorks". Eine Wohlfühlplatte, mit der man sich locker-flockig den Nachmittag auf der Hängematte um die Ohren schlagen kann, sollte man von "The impossible kid" jedenfalls nicht erwarten.
Und dennoch verzichtet Ian Matthias Bavitz, so Aesop Rocks bürgerlicher Name, nicht auf eingängige Momente: "Blood sandwich" beginnt hektisch-elektronisch, entwickelt aber im Laufe seiner knapp viereinhalb Minuten einen ziemlichen Sog, baut eine tolle Spannung auf, die sich im Mittelteil dann entlädt. So klingt HipHop, der sich seiner Wurzeln bewusst ist, aber dennoch frische Ideen integriert. An "None shall pass" oder "Skelethon" kommt seine siebte Platte dennoch nicht heran: Zu selten sind die Momente, in denen sich Aesop Rock musikalisch aus jener Waldhütte heraustraut, in der "The impossible kid" wohl entstanden ist. Den dezenten Mangel an instrumentalem Abwechslungsreichtum kann er alleine mit Worten nicht aufwiegen, es fehlt ein wenig die Korrespondenz zwischen dem musikalischen Fundament und der lyrischen Genialität. Dadurch entsteht ein Ungleichgewicht, das man möglicherweise als kleinen Makel begreifen kann. Oder man lässt es eben und holt den Abakus vom Dachboden.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Rings
- Blood sandwich
Tracklist
- Mystery fish
- Rings
- Lotta years
- Dorks
- Rabies
- Supercell
- Blood sandwich
- Get out of the car
- Shrunk
- Kirby
- Tuff
- Lazy eye
- Defender
- Water tower
- Molecules
Im Forum kommentieren
Affengitarre
2024-08-21 22:35:50
Jap, „Blood Sandwich“ haut mich auch immer wieder weg und berührt mich sehr. Großartiges Ding.
We hadn't spoken in a couple moons
I called him last night
How you doing?
Spätestens da brechen bei mir alle Dämme.
Arne L.
2024-08-21 22:22:38
Freu mich auch über die Resonanz hier heute. Voll schön, dass er doch so eine solide Karriere und eine Haufen Fans hat.
Unangemeldeter
2024-08-21 21:16:01
Freut mich total dass Blood Sandwich hier so viele Fans hat - auch für mich ein absoluter Lieblingssong und der beste der Platte. Die Strophe über das Baseball-Match ist vielleicht die beste Rap-Strophe überhaupt - extrem clever getextet und dabei super emotional. Kriege ich (als fellow Sandwichkind) jedes Mal die Feels. Granny yelling Go Cubs, cubs ain't playing.
Die zweite ist dann fast genauso gut. Moms didn't say no but she didn't say yes...
Vennart
2024-08-21 15:21:52
Auch für mich sein größtes Werk und “Blood Sandwich“ ist ein Fall für die AllTimeTop 100 Songs.
smrr
2024-08-21 13:31:16
Definitiv auch bei mir das Aesop-Album, was ich am häufigsten rotieren lasse.
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