Cate Le Bon - Crab day

Drag City / Turnstile / Caroline / Universal
VÖ: 15.04.2016
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Sportlich, sportlich

Und: 1, 2, 3, 4. 1, 2, 3, 4. Linkes Bein! Rechtes Bein! Hoch die Knie! Alle wach? Wunderbar. Die Sportgruppe Le Bon trifft sich wie üblich in einem Hinterhof von L.A., um – wer weiß das schon so genau? – den Körper zu formen und den Geist zu irritieren. Denn nur ein verrückter Geist wohnt in einem arhythmischen Körper. Oder war es umgekehrt? Was Cate Le Bon im Video zu "Wonderful" treibt, ist nicht für die Masse gemacht. Das verkörpert die Sängerin den ganzen Song lang in den für ihren Gesichtsausdruck und Teint skurrilsten Trimm-Dich-Posen. Der Gegenentwurf zu Cindy Crawford zeigt sich von seiner Schokoladenseite. Gaga bis Dada. Der Trainingsplan zum "Crab day", den niemand befolgen muss, empfiehlt folgendes Programm:

STRETCH: Bitte keine Verrenkungen! Wichtig ist die Rückbesinnung. Bei Le Bon winkt aus den Temporallappen das Gehöft Penboyr im Niemandsland von Wales der Gymnastikgruppe zu. Genau an dem Ort, wo Fitness ein anderer Ausdruck für Holzhacken ist, hat die Exilantin offenbar gelernt, dass man vor den huschenden Schatten im Wald nicht weglaufen muss, sondern sie anlockt und in Lieder einlullt. Sie sind elastischer als jeder noch so versteifte Muskel. Viele Jahre später hat Mama Timothy – so Le Bons bürgerlicher Name – dem Töchterchen offenbart, dass sie ihren Geburtstag wohl immer einen Tag zu früh gefeiert haben – hier verarbeitet in "I was born on the wrong day". Schmerzen? Nicht chronisch. Maximal ein Schatten im Lebenslauf. An den Feiertagen, die keine waren, hatte sich Le Bon seit Jahren schon eine adrette Gästeliste zugelegt. Kuchenteilen mit Manic Street Preachers, Funeral For A Friend und Gorky's Zygotic Mynci oder zuletzt mit Tim Presley von White Fence unter dem Projektnamen Drinks. Nachdehnen? Sowas von unnötig. Über familiäre Missverständnisse zu singen, ist für die Waliserin das Magnesium für den Lebenskrampf.

HOLD: Noch bei "I was born on the wrong day" hängengeblieben? Le Bon treibt voran: "Crab day" ist schließlich nur einmal im Jahr. Immer dann, wenn die Nichte am 1. April nach den schönsten Krabbenfrisuren Ausschau hält, statt irgendjemandem Streiche zu spielen. Die verrückte Tante, die da vorne die Übungsstunde schmeißt, verklärt die Kindertollerei zu einem manischen Spielchen aus Garage-Gitarre und Falsettgesang. Noch ein bisschen durchhalten, schon treten mit "Love is not love" erste Entspannungsmomente ein. Für den perfekten Trainingsplan ist eben die Abwechslung ausschlaggebend. Bei "Find me" treten jauchzende U-Laute an die Stelle des Stöhnens.

RELAX: Nur zurücklehnen versteift die liebgewonnenen Muskeln an den falschen Stellen. "We might revolve" zuckt genau dort, wo sich niemand mehr traut hinzufassen. Das Versprechen, das "Crab day" gibt, hat nichts mit Genesung oder gutem Bauchgefühl zu tun. "Crab day" entwickelt ein Abhängigkeitspotenzial, das tiefer geht als Sportstunden nach dem Schema 1, 2, 3, 4. Strecksprung? Der Ganzkörperknoten gewinnt.

(Bastian Sünkel)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Crab day
  • Wonderful
  • I was born on the wrong day

Tracklist

  1. Crab day
  2. Love is not love
  3. Wonderful
  4. Find me
  5. I'm a dirty attic
  6. I was born on the wrong day
  7. We might revolve
  8. Yellow blinds, cream shadow
  9. How do you know
  10. What's not mine
Gesamtspielzeit: 36:47 min

Im Forum kommentieren

poser

2016-06-29 20:24:50

Starkes Album.

Strange Orchestra

2016-06-06 09:56:07

Cate wird immer rockiger. Gutes Album - aber ein Song vom Kaliber 'Fold the Cloth' ist diesmal leider nicht dabei.

Armin

2016-05-11 22:19:20

Frisch rezensiert.

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