
Santana - Santana IV
Santana IV / Thirty Tigers / Essential / Al!veVÖ: 15.04.2016
Der geschlossene Kreis
Als Santana Ende 1968 drei Nächte hintereinander im Fillmore East in San Francisco spielte, war das nicht weniger als eine Offenbarung. Der damals 21-Jährige und seine Gefolgschaft verschmolzen in ihrer Musik die Kulturen und trieben ihr Publikum zur Ekstase. Bluesgetränker, psychedelischer Latinrock – noch heute gelten diese frühen Live-Aufnahmen aus dem Fillmore unter vielen Fans als das Beste, was Carlos & Co. je veröffentlicht haben. Die Studioalben "I" bis "III" schrieben Musikgeschichte. Über ein halbes Jahrhundert nach ihrer Trennung kommen die Original-Mitglieder dieser Band – Gregg Rolie (Keyboard, Gesang), Neal Schon (Gitarre), Michael Carabello (Percussion) und Michael Shrieve (Schlagzeug) – erneut zusammen und veröffentlichen endlich den langersehnten Nachfolger ihres Überalbums "III" von 1971. Für Fans ist dieses Line-Up das einzig wahre in der Geschichte dieser Band. Unterstützt werden sie von Percussionist Karl Perazzo und Bassist Benny Rietveld aus der aktuellen Besetzung. Als weiterer Gast ist Sänger Ronald Isley von den Isley Brothers auf zwei Tracks zu hören.
Insgesamt umfasst "Santana IV" ganze 16 Songs, die die Band selbst schrieb und produzierte. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Vom ersten Ton an ist sie wieder da, diese überbordende Spielfreude, die infantile Energie, die euphorische Widmung, mit der diese Truppe einst die Rockmusik revolutionierte. Natürlich ist die Wirkung ihres Sounds heute nicht mehr die gleiche. Die Erde hat sich weitergedreht, Gitarrenheroes haben heute einen schweren Stand, und Santana hat sich mit zahlreichen ärgerlichen bis peinlichen Releases in den letzten Jahren, in denen er sich zunehmend dem Kommerz anbiederte, aus den Kreis der Hoffnungsträger gespielt. Mit seinen alten Kumpels an der Seite aber dreht der inzwischen 68-Jährige wieder kräftig auf. Stücke wie das aggressive "All aboard" oder das sphärische "Blues magic" gehören zum Besten, was er seit Jahren aufgenommen hat. Und auch der psycheledische Voodoo von "Shake it" kann begeistern.
Angeblich war es Neal Schon, der mit Hartnäckigkeit den Anstoß zur Reunion gab. Santana hat gut getan, ihm nachzugeben. Dieser neuerliche Höhenflug war ihm kaum mehr zuzutrauen. Sein Spiel ist feurig und lyrisch und erinnert in den besten Momenten an John Coltranes Afrika-Phase. Wie ein Vulkan bricht es aus ihm heraus, dass einem mitunter die Puste wegbleibt. Dass sich unter all die Wiedersehensfreude auch etwas Sentimentalität und Nostalgie mischt, tut der Qualität dieser Platte keinen Abbruch. Im Gegenteil: Die durch mitunter auch schmerzvolle Erfahrung sich ergebende Weisheit ist das neue Element im Sound der Band. So gehört auch das schwelgerische "Fillmore East" zu den Highlights des Albums. Ein instrumentaler Höllenritt, der alle verfügbaren Emotionen des Lebens gleichzeitig vereint. Mit diesem Stück wie mit dem Album allgemein schließt sich ein Kreis. Fast 50 Jahre hat es gedauert, ihn zu malen. Entsprechend majestätisch ist er geworden. Das Album ist ein Schlüsselwerk – und ein Sinnbild für Santanas gesamte Karriere. Es ist ein Blick in den Rückspiegel und durch die Frontscheibe. Und Carlos sitzt noch immer am Steuer. Ein nobles Alterswerk.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Fillmore East
- Shake it
- Blues magic
Tracklist
- Yambu
- Shake it
- Anywhere you want to go
- Fillmore east
- Lover makes the world go round
- Freedom in your mind
- Choo choo
- All aboard
- Sueños
- Caminando
- Blues magic
- Echizo
- Leave me alone
- You and I
- Come as you are
- Forgiveness
Im Forum kommentieren
Greylight
2016-10-24 19:05:34
Hatte die Rezi damals gelesen, aber es dann wieder völlig vergessen. Jetzt erstmals gehört. Wer hätte gedacht, dass die Santana-Originalbesetzung noch mal so alle Register zieht? Hut ab. Knüpft wirklich nahtlos an das klassische Santana-Soundgewand an und die sprühen hier vor Spielfreude, wie man so schön sagt. Da bin ich ja wirklich positiv überrascht.
captain kidd
2016-05-03 23:54:26
Caravanserai, Welcome und Borboletta. Gerade letzteres habe ich neu für mich entdeckt. Sehr sehr gut. Fand Santana ja immer sympathisch aber scheiße - aber der war damals echt saugut, Alter. Auch die ersten beiden Alben sind gut. Aber der 60er-Einschlag bei den Vocals gefällt mir da nicht immer. Aber musikalisch schon top.
The MACHINA of God
2016-05-03 13:54:42
@captain:
Was sind die Fusion-Alben? Denke, die wären auch was für mich.
Carlos
2016-04-27 15:28:00
Endlich hat es Santana mal wieder geschafft seine Fans zu begeistern. Das ist endlich mal wieder der Santana, den wir so vermisst haben. Auch ein sehr schöner Text hier. Danke dafür!
Armin
2016-04-26 23:26:22
Frisch rezensiert.
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