Joni Mitchell - Travelogue

Nonesuch / Warner
VÖ: 25.11.2002
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

We are stardust

Es ist sicherlich nicht vermessen, Joni Mitchell zu den wichtigsten und einflußreichsten Musikerinnen des späten 20. Jahrhunderts zu zählen. Von ihren folkigen Kleinoden Ende der Sechziger ausgehend atmete sie später Rock, Jazz und Weltmusik ein und war ihrer Zeit somit mehrfach nicht nur um ein paar Jahre voraus. Mit Songs wie "Both sides now", "Big yellow taxi", "For the roses" oder "Help me" landete sie zwar nie die ganz großen Erfolge, aber ihre stets geschmackvollen Blicke über den eigenen Tellerrand bereiteten den Weg für so unterschiedliche Acts wie Patti Smith, Suzanne Vega, Madonna oder Tori Amos.

In den 35 Jahren ihres Schaffens hat Mitchell, die sich die Bezeichnung "Künstlerin" im besten Wortsinn mehr als verdient hat, einen reichhaltigen Song-Fundus geschaffen, auf den sie nun zurückblickt. Aber Mitchell wäre nicht Mitchell, wenn sie sich nicht auch hier an einem anderen Blickwinkel versuchte. War ihre letzte Scheibe "Both sides now" eine stilvolle Versammlung von Standards, taucht sie nun ihr eigenes Schaffen in ein anderes, wohltuend jazziges Licht. Mit einem siebzigköpfigen Orchester und Vollblut-Profis wie Herbie Hancock, Wayne Shorter und Billie Preston transportiert "Travelogue" Mitchells Songs zurück die Zeit der Ballroom-Orchestras. Doch anders als Robbie Williams' Swing-Ausflug "Swing when you're winning" oder dem ganz und gar gräßlichen No Angels-Desaster "When the angels swing" ist das hier kein simples Imitat. Joni Mitchell hat schließlich schon Jazz gemacht, als Klein-Robbie noch in Windeln lag.

Im distinguierten Big Band-Sound entfalten sich ganz neue Eigenheiten von Klassikern wie "Woodstock" oder "Hejira". Mitchells Stimme, gereift wie ein guter Rotwein, schmiegt sich an die zurückhaltenden Arrangements an. Mal dezente, mal bedrohlich schwellende Streichersätze, behutsame Saxophon-Tupfer, Flötentöne und Harfenklänge. Getupftes Klavier und gestreicheltes Schlagwerk. Hier sind wahre Profis am Werk, die sich nie aufdrängen, oft locker swingen, selten lediglich Routine walten lassen. Wirkt auch mancher Moment ein wenig revisionistisch, fesselt doch im nächsten Augenblick wieder Mitchells Alt. Und am Ende gibt "The circle game" diesem erfreulichen Doppelalbum ein passendes Motto: "And the seasons they go round and round / And the painted ponys go up and down / We're captive on the carousel of time / We can't return, we can only look behind."

(Oliver Ding)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Slouching towards Bethlehem (based on a poem by W.B. Yeats)
  • God must be a boogie man
  • Sex kills
  • Hejira

Tracklist

  • CD 1
    1. Otis and Marlena
    2. Amelia
    3. You dream of flat tires
    4. Love
    5. Woodstock
    6. Slouching towards Bethlehem (based on a poem by W.B. Yeats)
    7. Judgement of the moon and stars (Ludwig's tune)
    8. The sire of sorrow (Job's sad song)
    9. For the roses
    10. Trouble child
    11. God must be a boogie man
  • CD 2
    1. Be cool
    2. Just like this train
    3. Sex kills
    4. Refuge of the roads
    5. Hejira
    6. Chinese café / Unchained melody
    7. Cherokee Louise
    8. The dawntreader
    9. The last time I saw Richard
    10. Borderline
    11. The circle game
Gesamtspielzeit: 129:56 min

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