Carnival Youth - Propeller

Believe Digital / Popup / Cargo
VÖ: 01.04.2016
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Wenn der Regen wärmer wird

Ein Tag am Strand ist schon was Feines. In der Sonne brutzeln, im Wasser abkühlen und zwischendurch ein Eis oder eine Wurst verzehren. Doof nur, dass das Wetter da nicht immer mitspielt. Oft ziehen scheinbar plötzlich dunkle Wolken auf und man fragt sich, ob man nicht besser vorsorglich unters nächste Dach flüchten sollte, bevor es ins Bier regnet oder die Badehose wegweht. Einigermaßen ähnlich ergeht es beim Hören von "Propeller", dem zweiten Album der lettischen Indierock-Truppe Carnival Youth. Deren Erstling hörte auf den Namen "No clouds allowed", täuschte damit uneingeschränkte Sonnigkeit vor und führte so auf die falsche Fährte. Denn so sehr sich ihr Sound in guter Laune suhlt und ans nächste Badegewässer fläzt, ist das nächste Gewitter nie wirklich weit und die Stimmung droht jederzeit zu kippen. Was auf "Propeller" noch deutlich mehr als zuvor zum Tragen kommt.

So schlendert der Opener "Connection lost" gedankenverloren jenseits des Viervierteltakts umher, vielleicht irgendwo zwischen Foals ohne Kraftmeierei oder DIIV ohne Reverb. Gefällig und gut, aber auch eine gewisse Vorahnung mitführend. Dem Nachfolger "Hunting for the sun" fährt zu Beginn ständig etwas in seine cleanen Riffs hinein, zur Songmitte hin platzen dann die Wolken und ein kräftiger, reinigender Regenguss setzt ein. Ein Prinzip, dass Carnival Youth fast konstant durchhalten: Wenn die Musik zu sehr ins Schubidu verfällt, werden kleine und große Störfaktoren eingesetzt. Das sorgt dafür, dass "Propeller" anfangs irritiert. Langfristig bleibt das Album dafür interessanter. "Surf" und "Flowers" tragen ihre Namen nicht ohne Grund, ersteres schüttet den Zucker gleich literweise aus, letzteres fährt sogar ein "Lalala" zur Unterstreichung der Mission auf. Doch nicht bevor im Mittelteil mit "1Q4/7" eine verquere Ballade platziert wurde, ähnlich sperrig wie ihr Titel, oder "ILOVEYOUS", das komplett lärmig und ohne Hook daherkommt. Dann lieber das sonnige "Seagulls on bicycles" in die Boxen: Offensichtlich und mitreißend bildet es den passenden Hit fürs nächste Barbecue – wie Phönix aus der Grillasche.

Doch die Platte wäre lediglich einigermaßen gut, wenn die Band nicht auf den letzten Metern ordentlich Fersengeld geben würde. "Underneath the water" und "Youth is gold" fahren vertrackte Refrains auf, welchen wundervolle Melodien zugrunde liegen. Der Closer "All the time is mine" ist letztlich schlichtweg das größte Highlight, welches Carnival Youth hier in petto haben. Der Track ist ein Ohrwurm sondergleichen, sorgt mit verträumtem Chorus dafür, dass einen wohliger Geschmack im Mund zum Abschluss verbleibt. Das Paradoxon des Albums: Die besten Momente auf "Propeller" sind die, welche am hartnäckigsten im Ohr kleben, jedoch sorgen erst die schrägen und knalligen Einschübe neben der Spur für die richtige Mischung. Aber jeden Tag 40 Grad und Sonne wären auf Dauer ja auch langweilig.

(Felix Heinecker)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Seagulls on bicycles
  • Underneath the water
  • Youth is gold
  • All the time is mine

Tracklist

  1. Connection lost
  2. Hunting for the sun
  3. Seagulls on bicycles
  4. 1Q7/4
  5. Fooling myself
  6. "ILOVEYOUS"
  7. Surf
  8. Flowers
  9. Underneath the water
  10. Youth is gold
  11. All the time is mine
Gesamtspielzeit: 39:08 min

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Armin

2016-04-20 22:22:46

Frisch rezensiert.

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