
The Body & Full Of Hell - One day you will ache like I ache
Neurot / CargoVÖ: 15.04.2016
Schmerzlich willkommen
Ein vermutlich humorbegabter "durchschnittlich gestörter PT-User" befand im Forum einmal über The Body: "All the waters of the Earth turn to blood" war mein Sommer-Album 2010!" Zugegeben: Das ist schon eine Weile her, doch geändert hat sich beim Duo aus Providence seitdem wenig. Das sieht man schon an den Titeln nachfolgender Platten wie "I shall die here" oder zuletzt "No one deserves happiness" – und ihren brachialen Power-Sludge, der sich wie zähflüssiges, von gepeinigten Schreien durchzogenes Blei aus den Boxen wälzt, haben Chip King und Lee Buford allenfalls perfektioniert. Mit maximaler Gemeinheit und fernab jeglicher gängiger Metal-Codes, versteht sich. Auch auf gemeinsamen Veröffentlichungen mit ähnlich bitterbösen Bands wie Krieg oder Thou. Doch Kopf hoch beziehungsweise runter: Einer geht noch rein.
Full Of Hell sind nämlich auch nicht von schlechten Eltern, wie man unschwer an ihrem 2013er Longplayer "Rudiments of mutilation" erkennen konnte – außerdem bewies das Grindcore-Quartett von der US-Ostküste anlässlich seiner jüngsten Zusammenarbeit mit der japanischen Noise-Koryphäe Merzbow auch im Bereich experimentellen Lärms Kompetenz. Entsprechend gestaltet sich die Ouvertüre zum schrecklich Schönsten aus dem Werk zweier lautstarker Bands, die hier langsam und schnell, hetzen und kriechen bestmöglich kombinieren: Das "Doll parts" von Hole zitierende Titelstück schleppt sich erst dröhnend in die Szenerie, um anschließend in infernalischem Getöse aus Blastbeats, rasselnden Stahlsaiten und entfesseltem Gebrüll zu zerspringen. "Accept the pain!" mahnt dazu das Backcover und lässt dem Hörer immerhin die Wahl der Qual.
Wie wäre es zum Beispiel mit "The butcher", das bassige Drones gefühlte Ewigkeiten mitten in den Raum stellt, während die Beatbox splitternde Rhythmen ausspuckt, Dropouts das Stück auseinanderreißen und King vorübergehend seine blutenden Stimmbänder beim Pförtner abgibt? Das Erstaunliche daran: Es handelt sich um eine bis zur Unkenntlichkeit entstellte Leonard-Cohen-Coverversion, wobei die ursprünglich akustische Moritat über Heroin und geschlachtete Lämmer hier wenigstens inhaltlich bestens aufgehoben ist. "Himmel und Hölle" hingegen weidet sich ausgiebig an Full Of Hells vernichtenden Speed-Eruptionen – und dampft natürlich schnurstracks in letztere Richtung ab. Und wenn zuvor lediglich 40 Sekunden lang von einer "World of hope and no pain" die Rede ist, wirkt das ohnehin wie reiner Hohn.
Es bleibt das einzige Stück mit derartig gehörschonender Spielzeit – ansonsten ersparen The Body und Full Of Hell dem Hörer wenig bis überhaupt nichts. Weder das von tumultösen Tribal-Drums befeuerte "Fleshworks", das Lightning-Bolt-Berserker Brian Chippendale auch nicht besser hinbekommen hätte, noch "Bottled urn", bei dem atonale Swans aus ihrer stampfigen Frühphase nicht nur in die Steckdose, sondern gleich in ein ganzes Elektrizitätswerk greifen. Der zwischen Hochgeschwindigkeitsrausch und schleichendem Verderben delirierende Irrsinn "The little death" ist beinahe das Ende, bevor die Kooperationspartner zu den finalen Bonus-Tracks "Cain" und "Abel" beginnen, schon mal vorsichtshalber das Studio abzureißen. Schön, wenn der Schmerz nachlässt? Nicht auf diesem eindrucksvoll zerstörerischen Album. Und Aspirin ist ein Arschloch.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Fleshworks
- The butcher
- Bottled urn
- The little death
Tracklist
- One day you will ache like I ache
- Fleshworks
- The butcher
- Gehorwilt
- World of hope and no pain
- Himmel und Hölle
- Bottled urn
- The little death
- Cain
- Abel
Im Forum kommentieren
mossad nautilus gamma
2016-04-22 11:58:38
Grandiose Platte.
Armin
2016-04-20 22:22:39
Frisch rezensiert.
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- The Body & Full Of Hell - One day you will ache like I ache (2 Beiträge / Letzter am 22.04.2016 - 11:58 Uhr)