Marathonmann - Mein Leben gehört Dir

People Like You / Sony
VÖ: 01.04.2016
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Am Scheitelweg

Wenn die ersten warmen Sonnenstrahlen im Frühjahr auf der Haut kitzeln und die Laune steigern, scheint so manch einem der gelbe Stern sprichwörtlich aus dem Allerwertesten. Man braucht sie auch dringend, die Wärme der Sonne. Zumindest, wenn man Marathonmanns drittem Album "Mein Leben gehört dir" lauscht. Derzeit gibt es wenige Bands hierzulande, die ihre Sache so konsequent positiv und mit Herzblut durchziehen, deren Texte und Themen aber erneut das krasse Gegenteil mitbringen. Von einer "Wortkette der Verzweiflung" sprach die Rezension zum Vorgänger "Und wir vergessen was vor uns liegt". Von unerfüllten Träumen, von Stillstand und Rückwärtsgang, vom verzweifelten Kampf gegen Alltagshürden und Monotonie.

Leider, muss man fast sagen, überfrachten Marathonmann ihren im Grunde gekonnt vorgetragenen und eingängigen Post-Hardcore auch 2016 zu häufig mit kajalverschmierten Emo-Texten, die dem ominösen "Du", meist direkt angesprochener Protagonist, in nahezu allen Songs das Dasein madig machen. Und die einige der unten angeführten Referenz-Bands zur Hochzeit der Emo-Phase vor über einer Dekade nicht dringlicher hinbekommen hätten. Hört man allerdings beim in die Länge gezogenen "Blick in die Zukunft", bei "Wunden und Narben" oder dem penetrant wehleidigen "Konstante Schmerzen" genauer hin, wird dem Hörer der textliche Unterschied zwischen eindringlich und aufdringlich leider allzu bewusst. Problematisch sind diese und einige andere Stücke, weil Verzweiflung und Schwermut einfach nicht berühren können, wenn man sie derart geballt auftürmt oder abgelutschte Klischees wie Nebelschwaden, verschlossene Türen oder erloschene Kerzen an der Perlenkette aufreiht.

Glücklicherweise besitzt "Mein Leben gehört dir" auch eine Habenseite. Auf der stehen nach wie vor Marathonmanns Gespür für Melodien, ihre Energie und unverkennbare Eingängigkeit sowie – noch vielversprechender – das eine oder andere gelungene Experiment. Wie die Halbballade "Die Zeit war", die persönlich wird, ohne emotionale Trübsalsfloskeln überzustrapazieren. Auch "Du lässt die Farben gehen" hält mal inne, pumpt mit geballten Breaks, Moll-Akkorden und Geschrei des Caliban-Frontmanns Andreas Dörner förmlich Luft in diese manchmal zu wenig atmende Platte. "Der Himmel bricht ein" kommt mit seinen Metalcore-Elementen zwar nicht aus sprichwörtlich heiterem Firmament, hat aber vor allem im Schlussteil verdammt starke Gitarren zu bieten. Und der kleine Hit "Stillstand / Weiter" zeigt den Münchenern quasi im Selbstversuch, was möglich ist, wenn man am Scheideweg neben Wut und Zweifel auch Kampfgeist walten lässt. Denn diesen werden Marathonmann weiterhin brauchen.

(Eric Meyer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Stillstand / Weiter
  • Du lässt die Farben gehen
  • Der Himmel bricht ein

Tracklist

  1. Stand der Dinge
  2. Das Leben der anderen
  3. Blick in die Zukunft
  4. Konstante Schmerzen
  5. Stillstand / Weiter
  6. Du lässt die Farben gehen
  7. Stimmen im Meer
  8. Wunden und Narben
  9. Die Zeit war
  10. Der Himmel bricht ein
  11. Tage bis zum Sommer
  12. Mein Leben gehört Dir
Gesamtspielzeit: 42:40 min

Im Forum kommentieren

eric

2016-04-18 16:00:52

Knappe 5/10. Ich finde, wenn sie mal Dampf rausnehmen und auf Heisskalt machen, geht was. Dennoch recht enttäuschend, die Platte. Vor allem textlich.

MartinS

2016-04-14 13:20:38

Da war Eric aber sehr gnädig. Ich finds bisweilen unhörbar, weil voller Selbstmitleid und ohne gute Ideen.

Armin

2016-04-13 21:11:46

Frisch rezensiert.

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