Killerpilze - High
NordpolVÖ: 18.03.2016
Versteckspiel für Mittzwanziger
Es ist an der Zeit, noch einmal die alte Leier auszupacken. Die endlose Geschichte von der Teenie-Band, die mit ihren Wurzeln brechen und jemand anderes sein will. Sie durchwatet unentdecktes Terrain – punkig, elektronisch und nun poppiger als zuvor – und scheitert am Ende wie auf Kommando an sich selbst. Statt sie aber reflexartig zu verurteilen, sollte man sich beim achten Studioalbum in zwölf Jahren die Zeit nehmen, Fragen zu stellen. Warum legen Mäx Schlichter und die Brüder Jo und Fabi Halbig, die ihre "Bravo"-Vergangenheit als Bürde empfinden, nicht ihren alten Namen ab und suchen ihr Heil in neuen Projekten? Liegt es vielleicht doch am Werbeeffekt einer Marke, die nicht viel mehr als eine Last sein dürfte? Oder ist es tatsächlich der Boshaftigkeit versammelter Musikjournalisten geschuldet, dass am Ende jeder Wandel mit vorhersehbarer Hochgeschwindigkeit gegen die Wand gefahren wird? Will sich der Kritiker an seinem Verriss aufgeilen, wie Oliver Pocher auf der "Bravo"-Supershow 2006 gesagt hätte? Oder steckt doch ein Fünkchen Wahrheit dahinter?
Um es vorwegzunehmen: "High" ist die konsequente Fortsetzung einer Diskographie der Einfallslosigkeit. Mehr Blendwerk als Wolkenkratzer. Mehr Versteckspiel als Höhenflug. Wenn Killerpilze auf "Grell" noch unter mithilfe von Curse bewiesen haben, dass ihre Texte an Zugkraft gewinnen können, dreschen sie auf "High" wieder eifrig Phrasen. Waren es damals noch Teenager, sind es in diesem Fall Mittzwanziger, deren Lebensalltag ungelenk in leere Worthülsen verpackt wird. Ein paar Liebesprobleme hier, Freiheitsdrang da, Feiern nicht vergessen: So die Quintessenz einer Platte, die sich nur um sich selbst dreht.
"Mantra" findet nach allen Avancen, endlich auszubrechen, zu einem erzbiederen Ende: "Irgendwo find' ich das Paradies für mich / Vielleicht auf Bali oder Bangkok Stadt? / Oder wo Courtney ihre Liebe begraben hat? / Was, wenn ich's eigentlich schon hab? / Zuhaus' in München, Tag für Tag." Wer sich bei "Immer noch jung" an Schlagerbarden wie Brunner & Brunner und ihr "Wir sind alle über 40" erinnert fühlt, kann den Gedanken getrost behalten. Ein Weckruf sollte es sein, ein unfreiwillig komischer Abgesang ist es geworden: "Wir wollten leben / Aber nicht auf Stand-By / Wir sind immer noch jung / Wir brennen lieber durch / Als langsam aus." Dazu kommen in "Hymne" Zeilen nach dem Grundsatz: Reim Dich oder ich fress Dich. "Du trinkst den Regen weg wie Wein / Glorreiche Halunken / Das wird auch immer so bleiben."
Der Tiefpunkt ist erreicht, wenn es um die Frauen geht. Bei "Major Love" als auch in "Stadt voller Frauen" unterfüttern die drei einst Groupie-verwöhnten Burschen das ewige Thema Liebe und Leidenschaft, Monogamie und Umtriebigkeit mit dem Material ihrer Beobachtungen in der Stadt: "Die guten Frauen sind vom Markt / Die besten Männer schwul / Wer am Ende übrig bleibt, sind wir." Besser noch: "Sie sind überall / An jeder Straßenecke / Tragen ihre langen Haare / Auf langen Beinen durch die Cafés." Und die Krönung: "Die ganze Stadt voller Frauen / Und jede hat Charakter." 2016 versprühen Killerpilze mehr Sexismus als damals Deo unter die Achseln. Man kann noch so lange suchen – viel mehr als den Versuch eines massenkompatibles Pop-Albums mit identischen Songstrukturen wird man auch bei "High" nicht finden. Allein eine Frage bleibt: Wer sind Killerpilze wirklich? Oder verstecken sie sich seit dem ersten Hype immer noch hinter der Fassade eines Jugendtraums? Antworten bleiben wieder einmal aus.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Schneesonneschnee
Tracklist
- Mantra
- Immer noch jung
- Hymne
- Major Love
- High mit Dir
- Ruinen
- Stadt voller Frauen
- H.E.A.R.T.
- Festival
- Schneesonneschnee
- Trip
Im Forum kommentieren
Christopher
2016-04-13 16:38:34
habe tatsächlich ein "ich" überlesen.
Marie K.
2016-04-13 10:13:08
@Christopher: Wo genau sollte "friss" die korrekte Form sein? Bin gespannt.
Christopher
2016-04-13 02:35:25
Außerdem muss es "friss" heißen. Imperativ und so.
Marie K.
2016-04-12 18:08:45
Und Herr D. bleibt uns die Frage schuldig, was ihn denn qualifiziert, sich über Kommentare unter Rezensionen zu äußern, die ihm nicht gefallen... Verreiß den Kommentator oder ich troll ihn. Irgendwie ein langweiliger, erwartbar einfallsloser Troll-Trollversuch.
Demon Cleaner
2016-04-12 08:27:28
Ja, stimmt.
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