Babymetal - Metal resistance

Ear / Edel
VÖ: 01.04.2016
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 3/10
3/10

Bitte knacken Sie mit die Synapsen

Zu Beginn ein gänzlich unwissenschaftliches Zitat aus Wikipedia: "Der Purismus bezeichnet eine Geisteshaltung, die nach Reinheit geistiger Schöpfungen strebt und versucht, sie von 'fremden' Zutaten zu befreien." So sehr die Postmoderne und deren diverse Fortsätze sich bemüht haben, ist der Purismus noch immer weit verbreitet. Auch und im Besonderen im musikalischen Bereich. Man muss nicht einmal bis zur ultima irratio namens Manowar gehen, um dem Dilemma auf die Schliche zu kommen. Authentizität wird von vielen Zeitgenossen noch immer groß geschrieben. Und das, obwohl die Mehrheit der Menschheit "Authentizität" nicht einmal richtig aussprechen kann.

Was das alles mit Babymetal zu tun hat? Eine ganze Menge. Babymetal sind circa so authentisch wie Muckefuck. Drei blutjunge japanische Damen singen und tanzen zu infernalischen Metalriffs, schrillstmögliche Bühnenshows und Musikvideos inklusive. Der Purist wendet sich mit Schaudern ab und klammert sich haltsuchend an die "The number of the beast"-LP. Fürchterlich, diese postmoderne Beliebigkeit. Nicht einmal der Metal ist diesen ostasiatischen Kulturräubern heilig. Dabei ist die Sache doch erstaunlich simpel: Solange der Quatsch Spaß macht, sind alle Diskussionen müßig.

Und Spaß macht Babymetals zweites Album "Metal resistance" auf fast schon unverschämte Weise. Während auf dem Debüt die Einflüsse zeitgenössischen Idolpops noch stärker zu Tage traten, besinnt sich das Songwriterteam hinter dem Trio diesmal auf das Wesentliche: Feiste Riffs, gerne in Höchstgeschwindigkeit vorgetragen, und unverschämt eingängige Melodien gehen Hand in Hand. Frontfrau Su-Metal ist noch immer gut bei Stimme und meistert den Spagat zwischen himmelhoch jauchzenden Refrains und hektisch vorgetragenen Strophen mühelos.

MoaMetal und YuiMetal bleiben wie schon auf "Babymetal" im Hintergrund, was angesichts der stimmlichen Präsenz Su-Metals wenig störend ins Gewicht fällt. Einzig in "GJ!" dürfen die beiden die Leadvocals übernehmen, was sie mit Bravour meistern. Wobei ihnen die Kuhglocke die Schau stiehlt, aber diese muss man selbst erlebt haben, um deren Tragweite nachvollziehen zu können. Die allumfassende Reizüberflutung ist auch diesmal wieder oberstes musikalisches Prinzip. Sei es in dem umwerfenden Opener "Road to resistance" oder dem um einen Drum-and-Bass-Rhythmus errichteten "Awadama fever" – der Unterhaltungswert bleibt durchgehend auf höchstem Niveau.

Nicht einmal vor Ausflügen in Progrock-Gefilde schrecken Babymetal zurück: "Tales of the destinies" geizt weder mit Tempowechseln, noch mit völlig bekloppten Melodiebögen. Auch klassischer Hardrock wird schamlos zitiert, beispielsweise in dem föhnfrisierten "No rain, no rainbow". Dass das alles ausgemachter Blödsinn ist, steht nicht zur Debatte. Synapsen sind da, um neu verdrahtet zu werden. Und effizienter als mit Babymetal lässt sich dies mit Musik nicht bewerkstelligen.

(Christopher Sennfelder)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Road to resistance
  • Awadama fever
  • GJ!
  • Tales of the destinies

Tracklist

  1. Road of resistance
  2. KARATE
  3. Awadama Fever
  4. YAVA!
  5. Amore
  6. Meta taro
  7. From dusk till dawn
  8. GJ!
  9. Sis.Anger
  10. No rain, no rainbow
  11. Tales of the destinies
  12. The one (English version)
Gesamtspielzeit: 54:19 min

Im Forum kommentieren

Jennifer

2018-01-09 19:00:45

R.I.P. Mikio Fujioka, BABYMETAL guitarist dies at 36

Darth Floersche

2016-04-14 15:48:04

völlig durchgeknallter und geiler scheiss :D
macht spass.

manfredson

2016-04-02 13:43:24

Unterhaltsames Ding. Ich mag vor allem den Kitsch-Powermetal-Kram wie Road of Resistance, Amore, The One, No Rain No Rainbow. Aber auch insgesamt deutlich besser als das Debüt und schon fast ernstzunehmen.

Der Untergeher

2016-04-02 13:22:07

"Schokolade und Kaugummi. Das Management hinter Babymetal weiß genau um dieses Konzept und seine Folgen. Erst süß, dann klebrig. Irgendetwas wird schon hängen bleiben. „Metal Resistance“ ist eine Hommage an das Artifizielle, an die scheinbar endlose und willkürliche Reproduzierbarkeit popkulturell unterfütterter Formen und Muster. Bilanzorientierte Kreative, denen völlig egal ist, womit sie ihre Yen verdienen, erledigen ihren Job mit einer Inbrunst, die so tut als gäbe es wirklich etwas mitzuteilen. Eine komplette Charade. Diese offensichtliche Mimikry als verlogen zu entlarven, ist ungefähr so als würde man einem Clown attestieren, er sei geschminkt.

Babymetal geben dem Maulaffen Zucker. Es ist völlig wurscht, ob man die Musik für „Unschlitt“, postmodern abgedreht oder Godzillas letzten verzweifelten Stoßseufzer hält. Wenn man über die musikalische Performance hinausblickt, sind vielfältige Entdeckungen möglich. Zum Staunen, Wundern, Analysieren oder Erschrecken."

Finde ich doch recht treffend formuliert.

necrodex

2016-03-26 08:04:30

Ich finds schön, dass es langsam nicht mehr ganz so peinlich wird, zu sagen - ja, das hör ich auch ab und zu. :) Ich fand, der Vorgänger hatte große Momente, "Karate" find ich bis jetzt auch nicht schlecht - zumindest gespannt bin ich also auf "Metal Resistance".

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