Verena von Horsten - Alien angel super death

A Tree In A Field / Broken Silence
VÖ: 26.02.2016
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Eine schöne Zumutung

Dieses Album ist eine Zumutung. Die beginnt schon beim Titel: "Alien angel super death" – David Bowies Metapher des einsamen Aliens auf einer ihm fremden Welt wird aufgegriffen. Irgendein Engel ist angedeutet, eine Hoffnungsfigur oder ein schützender Begleiter. Bei Verena von Horsten verpuffen diese Versprechungen zu Krudem. Super, so ironisch kommentiert sie die üble Welt. Und den Tod, den verarbeitet die Schweizerin in zehn Songs. Vor Jahren nahm sich ihr Bruder das Leben. Sie selbst versuchte, ihm in den Freitod zu folgen. Aus dem Leben in ein Wohin-auch-immer. Sie lebt hingegen weiter. Fühlt sich zurückgelassen, wie ein unhandliches Gepäckstück auf einer strapaziösen Reise. Etwas wütend ist sie auf ihren Bruder. Weit schlimmer, hassend, blickt sie auf die Welt. Sie spuckt auf Menschen. Denn alle lügen, betrügen, nutzen aus und sind Schuld daran, wenn jemand in dieser unheimlichen Welt verloren geht.

Zu Beginn poltert "The hymn" wie ein Kriegslied gegen die Menschheit. Schlagzeuge peitschen an, Synthesizer schichten sich und Bläser stöhnen tiefe Töne. Von Horsten singt vom Fortrennen. Sie fühlt noch, alle anderen nicht. Menschen ficken derb, lieblos und ohne Rücksicht. Niemand schert sich um andere. Triebe steuern. Nach außen wird gelacht, innen sammelt sich Dreck. Auch "All about" wird von Bläsern gemalt. Von Horsten liegt auf einer Wiese bei Nacht. Ihr sind die Sterne egal, wie ihr alles andere gern egal wäre. Man denkt dabei an Lars von Triers "Melancholia", an jene Szene, in der sich Kirsten Dunst nackt im Mondschein räkelt. Mit Richard Wagners wuchtiger Schönheit ist diese Filmsequenz noch ehrerbietig. Von Horsten hingegen verwischt sämtliche Spuren ins Schöne oder Hoffnungsvolle.

Sie überstilisiert Björks Elektro-Jazz in "The monster", klaut das Beklommene von Chelsea Wolfe und vereinfacht Portishead zu etwas Dringlicherem, Klareren. Ihr "Sakrament der Büffelherde" grenzt an Gigantomanie. Schreie, Schockstarre und Revolte müssen gegen das Menschenübel unterkommen. Im sprunghaften "Sweet lullabye" verzettelt sich von Horsten. Sie möchte laut und leise sein, schnell und langsam und das mit hohen und tiefen Tönen. Dabei wirkt "A healing moment" gefühlsechter und dramatischer als ihr Lärm: Ein pures Klavier spielt eine wundersame Melodie mit leichtem Hall. Dieser Song schlägt viel heftiger in die Magengrube als ihre zerstörerischen Synthesizer. Weil die einfache Schönheit berührt. Sie wird schüchtern vorgetragen, die Grundskepsis ist spürbar. Etwas mehr davon hätte das Album noch größer gemacht. Aber damit auch unzumutbarer.

(Maximilian Ginter)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • The hymn
  • Sakrament der Büffelherde
  • A healing moment

Tracklist

  1. The hymn
  2. All about
  3. Sweet lullabye
  4. Sakrament der Büffelherde
  5. The monster
  6. Fire
  7. What you say
  8. The love we have forever
  9. A healing moment
  10. The believer
Gesamtspielzeit: 42:22 min

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Armin

2016-03-16 20:41:35

Frisch rezensiert!

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