James - Girl at the end of the world

Infectious / [PIAS] Cooperative / Rough Trade
VÖ: 18.03.2016
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Dreizehn plus eins

Die Zahl 13 ist ein Mythos. Viele Menschen füchten sie geradezu – ganz besonders, wenn der 13. eines Monats auf einen Freitag fällt. Die Furcht vor der 13 heißt in wissenschaftlichen Kreisen Triskaidekaphobie – wieder was gelernt. Menschen mit dieser diffusen Angst fürchten nicht nur Freitag, den 13., sondern meiden auch Räume und Stockwerke mit jener Zahl. Daher gibt es in hohen Gebäuden manchmal einfach den 13. Stock nicht. Die Brit-Ikonen James haben sicherlich keine Probleme mit dieser Zahl, knackten sie nach 32 Jahren Bandhistorie in Sachen verkaufter Alben doch kürzlich die 13-Millionen-Marke. Auch ihr 13. Album haben die Briten nicht übersprungen: "La petite mort" war beileibe keine Unglücksplatte für die Anhängerschaft und hätte vom hiesigen Rezensenten im Nachhinein auch gut und gerne einen Punkt mehr verdient gehabt.

Dass mit "Girl at the end of the World" keine zwei Jahre später tatsächlich schon Album Nummer 14 in den Startlöchern steht, freut die Anhängerschar umso mehr und ist mit Sicherheit auch dem großen Spaß geschuldet, den Tim Booth und seine Mitstreiter auch nach all den Jahren haben. Routine? Für James trotz rüstigen Alters ein Fremdwort. Herausforderungen gibt es genug. Laut Booth ist es aber nicht "das schwierige zweite Album", das Bands vor Rätsel stellt, sondern "das verflixte 14.", wie der Sänger scherzt. Zum Glück hört man das den zwölf neuen Songs keinesfalls an. James sind kreativ wie zu besten Tagen, wagen hier und da auch mal Experimente, ohne ihren vertrauten Soundkosmos nachhaltig zu verändern. Wie vielfältig das dennoch klingen kann, zeigen die ersten drei Stücke. Der aus dem Halbdunkel kommende Opener "Bitch" schickt sich mit seinem Rave-Intro und spannungsgeladenem Aufbau an, bei der baldigen UK-Tour als perfekter Anheizer zu fungieren.

"Were you just born an arsehole / Rage in exile / What you have lost you can't replace" raunt Booth markige Worte in der ersten Auskopplung "To my surprise", einer typischen James-Hymne, die auf einem markigen Synthie-Beat in die Ohrmuschel hüpft. Gänzlich harmonisch dagegen die zweite Single "Nothing but love", in der ein Chor die Melodieseligkeit infiltriert und die in ihrem Positivismus beinahe abschreckt, bevor man das Stück dann gar nicht mehr aus dem Kopf kriegt. Tief in Melancholie badet der 80s-Synthpop im funkelnden "Dear John", und selbst Booths Stimme steht mehr im Vordergrund als üblich, sodass man sich ein wenig an die Pet Shop Boys erinnert fühlt. Der Upbeat in "Surfer's song" ist wieder für den Tanzflur geeignet und zieht die Schraube an, nachdem James mit dem klassischen Songwriter-Popsong "Feet of clay" mal eben ein Verschnaufpäuschen einlegten.

Nein, fehlende Abwechslung geht anders. Zwar ist "Girl at the end of the world", erneut produziert von Max Dingel, trotz melodieverliebten Mitwippern wie "Waking" oder dem Titelsong nicht ganz so eingängig geraten wie der Vorgänger, mit jedem Durchlauf jedoch eröffnen sich neue Perspektiven, rücken feine Details ins Licht: Die Bläser im letzten Teil von "Catapult", das Booth mit dem scharmützeligen Vers "You've seen the best in me / You've seen the beast in me" versieht. Oder die nur aufs erste Hören chaotisch anmutenden Effekte im verschrobenen "Move down south", das spätestens mit dem Chor im Schlussteil vertraute Pfade einschlägt. James fügen ihrer beeindruckenden Karriere ein weiteres Kapitel hinzu, über das zu staunen sein wird. Die Episode dreizehn plus eins, sozusagen. Ganz sicher kein Mythos.

(Eric Meyer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Bitch
  • Nothing but love
  • Dear John
  • Catapult

Tracklist

  1. Bitch
  2. To my surprise
  3. Nothing but love
  4. Attention
  5. Dear John
  6. Feet of clay
  7. Surfer's song
  8. Catapult
  9. Move down south
  10. Alvin
  11. Waking
  12. Girl at the end of the world
Gesamtspielzeit: 44:40 min

Im Forum kommentieren

honestjoe

2016-05-29 21:37:29

Da geh ich mit Tom Green, leider. James waren zu Zeiten von Gold Mother bis Whiplash einfach unschlagbar, "Laid" und "Seven" die berühmten Jahrhundertplatten ohne die man einfach nich auf ne Insel will, so man denn muss. Auch wenn das übertrieben und abgegriffen klingt...Alles was danach kam war zwar immernoch Spitzenklasse, hatre für mich aber leider nie wieder die Seele, die benannte Platten hatten. Auf der Laid die ich besitze prangt immernoch ein kleiner gelber Promosticker, der da besagt , dass es sich bei dieser Platte wohl um Musike handelt, welche wir nach gut und gerne 20 Jahren immernoch hören werden. Nun, die 20 Jahre sind schon ne Weile rum, die Platte rotiert noch immer. Viele andere Platten meiner "fastimmernochlieblingsband" hingegen stehen im Regal und haben Staub aufgelegt, sie selber werden s kaum noch. Schätze, dass ist auch das Schicksal was GatEotW ereilen wird...

Lichtgestalt

2016-03-31 09:05:48

Erinnert mich musikalisch total an Edward Sharpe & the Magnetic Zeros.

musie

2016-03-31 07:39:07

eine wunderbare Single:

https://www.youtube.com/watch?v=I8OobMrlvrY

schön gibt's die in diesem Frühling.

MM13

2016-03-21 19:52:20

zugegeben ist alles ein bisschen elektronischer,aber der typische jamessound ist meiner meinung immer noch da und nothing but love kanns auch mit den hier genannten hymnen aufnehmen,für mich eine 7,5/10.
bitch,nothing but love,attention,alvin sind im moment meine favoriten.

Herr

2016-03-20 20:26:06

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