Animal Collective - Painting with
Domino / GoodToGoVÖ: 19.02.2016
Grundsatzfragen
Grundlagen:
Fokussierung war eigentlich noch nie die Kernkompetenz von Animal Collective. Ihren psychedelischen Indie-Pop ließen sie nur zu gerne überlaufen, anschwellen, platzen oder in Freakfolk-Grenzbereiche ausfransen. Das zehnte Studioalbum "Painting with" hingegegen zeigt eine Band, die mehr denn je die Zügel in der Hand hält. Kontrolliert, aber nie lustlos fackeln Panda Bear, Geologist und Avey Tare ein munterbuntes Feuerwerk ab, mit Knallfröschen und Schalk im Nacken, ohne aber die eigenen Möglichkeiten zu exzessiv auszuloten. Die New Yorker besinnen sich im 17. Bandjahr also auf ihre eigenen Stärken, lassen überflüssigen Krempel weg und hauen ein Dutzend fröhlich-rundgelutschter Bonbons raus.
Grundgütiger:
Mit diesem Schritt konnte man nicht unbedingt rechnen, waren die letzten Soloalben von Panda Bear und Avey Tare doch eher kompliziert und kopflastig und konnten letzten Endes nicht wirklich fesseln. "Painting with" wirkt im Gegensatz dazu wie eine Frischzellenkur: Animal Collective drücken direkt auf die Tube und eröffnen mit dem glückselig daddelnden "Floridada" den nimmermüden Reigen sprudelnder Pop-Musik. Natürlich quietscht und oinkt es hier an allen Ecken und Enden, die Augen drehen sich wie Spiralen, der Kopf nickt im Takt, die Füße wippen und zucken wild. Wer eine Auszeit vom stressigen Alltag braucht, wird in "Painting with" wohl kaum seine Oase der Ruhe finden, denn dieses Album ist eher: Abenteuerspielplatz, Irrgarten, Gummizelle.
Grundsteine:
Für die Aufnahmen verschlug es die nach Deakins Abgang wieder zum Trio geschrumpfte Band in die altehrwürdigen Eastwest-Studios in Hollywood. Also an den Ort, wo bereits Brian Wilson und Co. an "Pet sounds" und "Smile" gearbeitet hatten. Sicher kein Zufall: The Beach Boys gelten als einer der Haupteinflüsse für Animal Collective, auch wenn man dafür oft zwischen den Zeilen hören muss. "Painting with" bietet dafür jedenfalls prima Gelegenheit: Selten zuvor gaben sich die drei so zugänglich und eingängig, man möchte fast von einem reinen Hit-Album sprechen. "Hocus pocus" betört mit seinen mehrstimmigen Chören und Synthies aus dem Weltraum, während das folgende "Vertical" ernsthaft in Erwägung zieht, lieber ein HipHop-Song zu sein. Diese Bezugsoffenheit und gedankliche Frische ist freilich eine weitere wichtige Stärke im Schaffen der Gruppe.
Grundtöne:
"Lying in the grass" beginnt als verschwurbelter Freakfolk, der betört, verwirrt, schwindelig spielt und dennoch ein großes Herz für kleine Pop-Melodien hat. Die Beats marschieren hier querfeldein über die wohlduftende Blumenwiese, während minimale Störgeräusche im Hintergrund drolligen Noise produzieren. Die Stimmung bei alledem ist so positiv, wie sie nur sein kann, wenn man mit offenem Blick und Neugier durch die Welt geht, Einflüsse aufsaugt und Inspiration zulässt. Wenn man weiß, dass das, was man kreiert, wirklich einzigartig ist. Animal Collective stehen weiter alleine auf weiter Flur. Sie fühlen sich ganz wohl dabei.
Grundsätzlich alles schön und gut, aber muss das wirklich sein?:
Kurz und klar: Ja. Animal Collective sind eine der wenigen Bands, die trotz ihrer enormen Popularität immer noch großen Wert darauf legen, sich nicht zu wiederholen, unberechenbar zu bleiben, sich weiterzuentwickeln. Während andere also immer wieder die gleiche Suppe aufkochen, zelebrieren Panda Bear, Geologist und Avey Tare ihre künstlerische Unabhängigkeit. Den besten Song "Spilling guts" nach nicht einmal zwei Minuten abbrechen? Geht klar. Mit "Natural selection" einen Track veröffentlichen, der am Rande des Wahnsinns pulsiert? Liebend gerne. Es sind Entscheidungen wie diese, die Animal Collective zu einer besonderen Band machen. Und "Painting with" zu einem Album, dem man sich nicht grundlos entziehen sollte. Man würde wirklich etwas verpassen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Floridada
- Hocus pocus
- Vertical
- Spilling guts
Tracklist
- Floridada
- Hocus pocus
- Vertical
- Lying in the grass
- The burglars
- Natural selection
- Bagels in Kiev
- On delay
- Spilling guts
- Summing the wretch
- Golden gal
- Recycling
Im Forum kommentieren
Demon Cleaner
2016-02-13 15:44:59
Warum, wirds dann zu hell im Keller? :-P
Rote Arme Fraktion
2016-02-12 21:42:21
Keine Macht den Sommertagen!
Demon Cleaner
2016-02-12 17:31:39
Für die "Merriweather" reicht eigentlich ein schöner heißer Sommertag. Okay, aktuell wirst du wohl eher auf Drogen zurückgreifen müssen. :-)
Cosmig Egg
2016-02-12 16:45:45
Mir fehlt leider auch der Zugang zu dieser Art von Musik... habe aber auch noch nie in meinem leben Drogen genommen. Vielleicht sollte ich beides mal probieren
Achim
2016-02-12 09:40:28
Jap. Da ist es einfach nur die Musik. Kein nerviges Drumherum, sondern einfach die pure Spielfreude.
Achim.
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